- 13 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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Massenprodukt wird. Die zentrale These in seinem Aufsatz »Sample and Hold« besagt,

»daß der Genuß, Pop-Aura im Zeitalter ihrer Massenproduktion zu konsumieren, mitnichten verschwunden ist. Die Tatsache, daß Aura nun massenhaft angefertigt wird, hat zu keiner Demystifikation geführt.«42

42 Vgl. Goodwin (1998, S. 116).

Goodwin meint, daß die Diskurse der Autorschaft dominant bleiben und große Teile des Publikums sich schlicht weigern, selbstbewußt zu konsumieren.

»Pop-Fans scheinen sich ihre Stars noch immer als leder-, jeans- oder latexumhüllte Ikonen vorzustellen. Ironische Anführungsstriche sind unerwünscht.«43

43 Ebd.

Aber auch technische Reproduktionen selbst sind heute im Sinne Benjamins ›kultwertfähig‹. Die Aura wird z.B. »an den Raritäten seltener Schellackplatten empfunden, obwohl sie technische Reproduktionen sind.«44

44 Bickel (1992, S. 116).
Die Konservierung eines medial gelagerten Aurascheins macht Peter Bickel sogar für die Praktiken der DJs und Samplemusiker geltend.

»[Es, T.K.] wird diese Bewahrung skelettartiger Aurareste auf der Produktseite deutlich: Das Sampling zerkratzer Platten und rudimentärer akustischer Partikel verblichener Rockheroen würde seine Wirkung ohne Bezugnahme auf diese Mythen historischer Rockkultur einbüßen.«45

45 Ebd. (S. 121).

Die von Goodwin und Bickel beschriebene Konservierung des Aurascheins in der Musikpraxis des Samplings findet sich z.B. in Reinkultur in dem Zitatpop des 1996 erschienenen Album Life’s A Gas von dem Kölner Projekt Love Inc. unterstreichen ihr Spiel mit Aura, Kultwert und Referentialität noch dadurch, daß auf dem Cover der CD wiederum, dem verwendeten musikalischen Material entsprechend, Ausschnitte von anderen Alben und Künstlern aus der Rock- und Popgeschichte Bilder gezeigt werden (u.a. von Popikonen wie Kraftwerk, Roxy Music, Miles Davis, The Bee Gees und T. Rex). Samples, so Diedrich Diederichsen, haben in der schwarzen Kultur des »New School of HipHop«46

46 Die Bezeichnung »New School of HipHop« ist gebunden an die Verwendung von digitalen Reproduktionsmedien wie dem Sampler und dem Drumcomputer. Die DJ-Praxis der Herstellung von Musik mit zwei oder mehr Plattenspielern plus Mischpult der »Old School of HipHop« wird mit den digitalen Samplern neu aufgegriffen und weitergeführt. Zu den Gruppen der sog. New School of Hip Hop zählen z.B. De La Soul und A Tribe called Quest.
eine kulturelle, identitätsstiftende Funktion. Musiker und Hörer weisen sich mit den Samples als Kenner der schwarzen Musik der 60er und 70er Jahre aus.

»Es handelt sich [...] nicht um aus wahrnehmungstheoretischen oder anderweitig nachholend-avantgardistischen Gründen vorgenommene Sinnzertrümmerung, Provokation oder Irritationen, sondern um Sinnstiftung und –konstruktion.«47

47 Diedrichsen (1996, S. 56).


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