- 103 -Klages, Thorsten: Medium und Form - Musik in den (Re- )Produktionsmedien 
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einen völligen Verlust der) Welt.«27
27 Seel (1998, S. 258).
Intermedialität in Computermedien figuriert zwischen den beiden Extremwerten der Erneuerung und des Verlustes der Welt. Intermediale Bild-Ton-Verhältnisse lassen sich bereits mit der diskreten Notenschrift Guido von Arezzo anschreiben, die einen grafischen Zugriff auf die Musik und damit, als Surplus, eine lineare (Schrift-)Musik erlaubt.28
28 Einige Bachforschungen gehen soweit Bach als visuellen Komponisten zu bezeichnen:»nach neueren forschungen hat johann sebastian bach eine partitur nach visuellen kriterien lesen können. Er sah sie als bild und korrigierte sie wie ein zeichner nach ihrer grafischen struktur. Die musik erschien ihm als bild, und indem er grafische notationen machte, erzeugte er seine musik.« Aicher (1992, S. 61).
Aufschreibesysteme, wie sie mit dem Phonographen und seinen technischen Nachfolgern gegeben sind, haben eine Medienmusik hervorgebracht, die sich von der Grammatik der (Schrift-)Musik29
29 Dazu zählen: Die Tonalität als einheitsstiftendes Medium, die Harmonik als syntaktische Gliederung des formalen Verlaufs und die Metrik als Ordnungsform des zeitlichen Verlaufs.
zugunsten u.a. einer (Bild-)Musik30
30 Vgl. hierzu auch die neuen Partiturformen der elektro-akustischen Avantgarde in: Karkoschka (1996).
zu lösen beginnt.

»Und das heißt, eine Musik zu erfinden, die sich nicht mehr ausschließlich dem linear fortschreitenden Gedanken verpflichtet fühlt, sondern das assoziative Spiel mit Formen, das Bruchstückhafte wieder als Qualität erkennt und in den Mittelpunkt rückt.«31

31 Schläbitz (1997, S. 122).

Dazu zählen (1) die ›Klangmalereien‹ in Räumen technischer Medialität, (2) die »Bild(schirm) Musik«32

32 Ebd. (S. 113 ff).
der Klangmontagen und -transformationen auf den grafischen »Oberflächen«33
33 Vgl. Bickel(1992, S. 55ff).
moderner Audiosoftware und (3) die Verschaltungskunst einer auf Intermodulationen zwischen sowohl Bild und ›Ton‹ als auch ›Ton‹ und ›Ton‹ setzenden technischen Intermedialität.

Hierzu einige Beispiele: (1) Die Tonmalereien in ›Räumen‹ (besser: Luhmann-Medien) technischer Medialität nahmen in Deutschland im Jahr 1929 ihren Anfang mit der »tönenden Handschrift« von Rudolf Pfenninger. Sie baute auf das damals aktuelle technische Verfahren der optophonetischen Tonaufzeichnung im Film. Pfenninger übertrug Schwarzweißzeichnungen von verschiedenen Kurvenverläufen per Kamera auf die Tonspur eines Films, den er anschließend wieder abspielte und damit hörbar machte. Wenige Jahre später (1932) zeichnete Oskar Fischinger Klingende Ornamente unmittelbar auf die Tonspur des Films.34

34 Motte-Haber (1996a, S. 278).
Wie in Abschnitt 2.2.1 erläutert, lassen sich erste theoretische Überlegungen für mediale Klangmalereien 1923 mit dem Ritzschrift ABC von László Moholy-Nagy anschreiben, der die Schallrillen von Grammophonplatten unmittelbar modellieren wollte. Als ein frühes Beispiel für die Versuche zu einer Klangmalerei in Computermedien kann das 1979 von Iannis Xenakis entwickelte UPIC-System (Unité Polyagogique Informatique du CEMAMU) genannt werden. Das UPIC-System ist eine ’Komponiermaschine’, mit dessen Hilfe unmittelbar auf einen Computermonitor gezeichnete Kurven sofort (in Echtzeit) zu Klang werden.35
35 Vgl. Lohner (1987).
Klangmalerein, und damit die intermediale Verbindung

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