Analyse der musikalischen Mittel allein nicht mit letzter
Sicherheit getroffen werden kann.5
5 Die Erfüllung bestimmter Kriterien
für Walzer – etwa der 3/4-Takt, typische Begleitmuster oder
bestimmte charakteristische melodische Merkmale – ist weder hinreichende
noch notwendige Bedingung. So bleibt beispielsweise offen, ob nicht
auch eine Struktur im Sechsviertel- oder Sechsachteltakt als Walzer
aufgefaßt werden kann; umgekehrt ist nicht alles, was die klassische
Walzerbegleitung aufweist, automatisch dieser Gattung zuzuschlagen.
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Daß
die Analyse nicht die letzte Instanz sein kann, gilt auch für eine weitere
zentrale und übergeordnete Entscheidung des Interpreten: die Frage, ob
er die Ballade als Schilderung einer wie auch immer im einzelnen vorgestellten
außermusikalischen Begebenheit, als Programmusik, begreift oder als
rein innermusikalisch sinnfälligen Vorgang, als absolute Musik, auffaßt;
auch hier ist Analyse nur von begrenztem Wert, da musikalische Hermeneutik
sich an nahezu jeden musikalischen Verlauf mit einer gewissen Sinnfälligkeit
anzuschmiegen vermag.6
6 Analoges gilt auch für den umgekehrten
Fall: Programmusik kann sich durchaus auch ohne Programm als musikalisch
sinnfällig erweisen. Schönberg reklamiert dies explizit für
sein Opus 4: „[Die] Verklärte Nacht [...] ist Programmusik,
die das Gedicht von Dehmel schildert [...]. Es scheint, daß meine
Komposition Qualitäten [...] hat, die auch befriedigen, wenn man
nicht weiß, was sie schildert, oder, mit anderen Worten, sie bietet
die Möglichkeit, als 'reine' Musik geschätzt zu werden.“
(Programm-Anmerkungen zu ´Verklärte Nacht´,
wiederabgedruckt in: Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik,
hg. von Ivan Vojtich [= Gesammelte Schriften; Bd. 1], Frankfurt a. M.:
S. Fischer 1976, S. 453.)
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Wohl aber ist, wenn aufgrund
allgemeiner ästhetischer Vorstellungen, gewissermaßen unabhängig
vom konkret vorliegenden Werk und seinen Analysebefunden, die Wahl für
die eine oder andere Option getroffen wurde, die konkrete klangliche Einzelgestalt
davon betroffen, sowohl global – wie etwa in prinzipiell unterschiedlichem
Ausmaß der agogischen Variation der Grundtempi oder des gebundenen Rubato
– als auch im Hinblick auf eine einzelne kurze Klanggestalt, ja letztlich
möglicherweise auf einen einzelnen Ton und seine dynamische Gestaltung
bezogen.
Daß
schließlich auf der Ebene von Detailanalysen, die motivische Beziehungen
zu ihrem Gegenstand haben, Begründungen für die konkrete Gestaltung
eines Klangverlaufs gefunden werden können, läßt sich wohl
kaum bezweifeln, wenn sich auch hinsichtlich der zu verwendenden Darstellungsmittel
eine gewisse Variationsbreite ergeben mag. Ein Beispiel für den Einfluß
der Analyse auf die unmittelbare Spielweise ist etwa in der G-Moll-Ballade
der Abschnitt Takt 21 ff., der das sog. „Erste Thema“ bzw. –
bei Anwendung des Formkonzeptes der Sonatenhauptsatzform7
7 Bei aller Fragwürdigkeit der Anwendung
der Sonatenterminologie auf die Ballade wird hier die Bezeichnung Haupt-
bzw. Seitenthema der sprachlichen Einfachheit halber – und zwar
in der Regel ohne Anführungszeichen – beibehalten.
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– das „Hauptthema“
fortführt: Verschiedentlich schon wurde auf den Zusammenhang der entsprechenden
Takte hingewiesen8
8 Z. B. Krystyna Wilkowska, Srodki wyrazu
emocjonalnego w Balladach Chopina, in: Kwartalnik Muzyczny,
7. Jg. (1949), H. 26/27 (Apr./Sept.), S. 173 oder Anna Bogdanska, Technika
wariacyna i praca temtatyczna w balladach Chopina, in: Rocznik
Chopinowski 18 (1986), S. 73.
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, wobei eine Detailbetrachtung
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