- 78 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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als muskuläre, nervliche und mentale Vorbereitungsphase ebenfalls unerläßlich. Zudem fallen den einzelnen Körperteilen beim Dirigieren recht unterschiedliche Aktivitätsgrade zu: Ein sicherer Stand, eine aufrechte Haltung als Grundposition, eine eher passive untere und aktive obere Körperhälfte, unverkrampfte Kopf- und Schulterhaltung, Blick- und Kopfkoordination und Vermeidung ungewollter Impulsgebung außerhalb des Dirigierfeldes stellen quasi die Plattform für die organische Arbeit von Händen und Armen dar.

Diese agieren – so empfinden es Studierende oft zu Beginn – im luftleeren Raum, kein Instrument, keine Materie bietet Halt, und auch der Taktstock erweist sich am Ausbildungsbeginn eher als hinderlich denn als hilfreich.


Es gilt, Proportionalitäten des eigenen Körpers zu finden, die imaginären Konzentrationspunkte und Grenzbereiche erfahrbar werden zu lassen, die sich aus dem jeweiligen Körperschwerpunkt ableiten lassen.13

13 Manchen Studierenden mag hier die Nähe zur Sportwissenschaft helfen (Baumann/Reim, a. a. O. [s. Anm. 11], S. 28: „Als Körperschwerpunkt wird der Punkt bezeichnet, der sich nach den Gesetzen der Mechanik so bewegt, als wäre die Gesamtmasse des betrachteten Körpers in ihm vereinigt und als würden alle auf diesen Körper einwirkenden Kräfte an ihm angreifen – insbesondere die Schwerkraft“), andere finden den Einstieg eher über das Bewußtsein, daß „der Knochenbau dem Zug der Schwerkraft entgegenwirkt, und dadurch die Muskeln frei für Bewegung werden.“ (Feldenkrais, a. a. O. [s. Anm. 11], S. 100.)

So läßt sich z. B. die Symmetrie der Armbewegung durch den Konzentrationspunkt „Brustbein“, die proportional ideale Höhe der Dirigierebene sowie das Gleichgewicht bei den dem Körper vorgelagerten Bewegungen durch den Konzentrationspunkt „Kreuzbein“ kontrollieren. Das Bewußtsein verlagert seine Aufmerksamkeit von diesen Konzentrationspunkten aus auf die Bewegungsabläufe.


Ein Grenzbereich ist z. B. erreicht, wenn die Arme sich innerhalb ihrer Taktfiguren völlig durchstrecken und somit ihre Spannkraft verlieren. Der Abschwung aus jeder Richtungsbewegung muß vor der maximalen Streckung erfolgen. Hieraus entwickelt jeder seine Horizontale oder Dirigierebene (für die Zählzeiten 1 [Rückschwung], 2, 3 im 4/4-Takt) und seine Vertikale (für die Zählzeiten 1, 4 im 4/4-Takt), die das Dirigierfeld erschließen.




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