2. Persönlichkeitsstrukturen – „ich dirigiere“ Ist die Person, die einem musizierenden Ensemble vorsteht, denn nun ein „Musikdarsteller“7
Die Terminologie ist farbig und unpräzise. Man „hat“ ein Orchester und „macht“ Werke von X oder Y – die Funktion des Ensembleleiters verleiht per se Autorität, hebt das Wertgefühl und endet leider oft in Überheblichkeit. Anekdoten, Biographien und zahllose Dokumentationen spiegeln die offenbar immer noch faszinierende Kombination künstlerischer Ausstrahlung mit menschlicher Extravaganz auf höchster musikalischer Ebene und damit vor einer breiten Öffentlichkeit wider. Autoritärer Führungsstil, der die Betroffenen in ihrem (Laien-)Musizieren je nach Befindlichkeit hemmt oder beflügelt, existiert auf regionaler Ebene ebenfalls, wie sich aus persönlichem Erleben oder aus Gesprächen erkennen läßt. „Autorität“ birgt die Gefahr der Kompromißlosigkeit und des mangelnden Einfühlungsvermögens in sich, da der musikalische Anspruch als bedingungslos professionell gilt und sich auf alle Werke der Orchesterliteratur bezieht. Ein Berufsorchester kann und muß mit solchem Verhalten leben, in jedem nichtprofessionellen Ensemble jedoch kann schon ein Hauch von charakterlicher Egozentrik des Dirigenten, die jedoch nicht mit künstlerischer und pädagogischer Überzeugungskraft verwechselt werden darf, Instrumentalisten verschrecken, verschüchtern oder demotivieren. Das musikalische Arbeiten mit jugendlichen und erwachsenen Laien in einem Gruppenverband erfordert somit ein ganz spezifisches pädagogisches und psychologisches Einfühlungsvermögen, dessen Voraussetzung zunächst eine analysierende Reflexion der eigenen Persönlichkeitsstruktur ist. Diese sollte jede dirigentische Ausbildung von Anbeginn begleiten und vom behutsamen Vier-Augen-Gespräch mit dem Ausbilder über Supervisionsansätze in der Gruppe bis zur Videoanalyse reichen können. Erfahrungen als Gruppenleiter auf anderen Gebieten, eigenes Orchesterspiel und erste Unterrichtsversuche während eines Schulpraktikums kommen einem angehenden |