- 45 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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und auf Anrathen des Schauspielers, die Regeln der poetischen Gerechtigkeit zu verletzen, und den Macheath, der gehangen werden sollte, im Triumph zurückbringen zu lassen.

Ich habe dagegen Massels Befreyung aus dem Mitleiden der beyden Väter, und aus der Betrachtung, daß er ihnen noch nützlich seyn könnte, entspringen lassen. Hier sind also einige Scenen ganz weggeblieben, und andre hinzugekommen.23

23 Anhang... 1770, S. 108.


Die parallele Stelle in der späteren Nachricht von den Schleichhändlern sei hier vorweggenommen. Sie enthält die folgende Variante und Präzisierung:


[...] – Ich habe dagegen Massels Befreyung nicht allein aus dem Mitleiden der beiden Väter, sondern auch vorzüglich aus der Betrachtung hergeleitet, daß ihre blinde Hitze wider denselben leicht ihr eignes Unglück werden könnte, so wie ich seine Gefahr aus einem Groll, welchen Pietsch schon lange wider ihn gehabt hat, und aus der natürlichen Erbitterung beider Eltern über die heimliche Heyrath entstehen lasse. An so was hat Gay nach seinem Plane, nach seinen Absichten überall nicht denken wollen; so wenig, als daran, daß Pietsch allerdings besorgen muste, es werde ihm Massel Gleiches mit Gleichem vergelten. In meinem Stücke fällt ihm dieses auch ein, aber so wie enger Kopf und große Hitze nicht selten bey einander sind, so behalten einige nicht unwahrscheinliche Gründe ganz natürlich die Oberhand. Und eben dadurch wird die Auflösung nicht allein ungezwungen, sondern nach abgekühltem Zorn beynahe nothwendig.24

24 Nachricht... 1775, S. 225.


Es mag hier daran erinnert werden, daß die Verfasser von Neu-Bearbeitungen besonders durch die vorletzte Szene des Originals immer wieder zu Varianten angeregt worden sind, – oft im Sinne eines „glaubwürdigeren“ Endes auf Kosten der „feinsinnigeren“ Satire Gays, aber auch im Sinne satirischen Überdrehens.


Die Änderungen an Gays Original begründet Buschmann damit, daß „in dem Schauspiele des Gay [...] sich natürlicherweise Alles auf Englische Sitten [bezieht], ich habe eine deutsche Oper daraus gemacht.“ Im übrigen sei „bey einer solchen Oper [...] die Fabel und Verwicklung nur wenig, die eingestreuten Arien, Lieder, und die komischen Situationen alles.“ – „Überhaupt muß man eine komische Oper nicht nach den Regeln einer ordentlichen Komödie beurtheilen.“ – „Es ist hier die Rede – nicht von einem ernsthaften Stück, sondern von einer komischen Oper.“

Besonders in der Charakterisisierung von Hanne (Polly) und Massel (Macheath) weicht Buschmann erheblich von der Vorlage ab. Indem er das Straßenräuber- und Hehler-Milieu nur noch „fingiert“, findet er sich auf der Höhe der damaligen Diskussionen in England: Der Beggar's Opera wurde seit deren Uraufführung – bis weit in das 19. Jahrhundert hinein – immer wieder unterstellt, aktiv


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