- 37 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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nicht weiterverfolgt werden.2
2 Auf die Spitze getrieben könnte man fragen, ob eine Umarbeitung der Beggar's Opera eher zu ertragen wäre als die der Dreigroschenoper!

Indessen ist es eine Tatsache, daß die Reihe von Bearbeitungen und Neufassungen der Beggar's Opera schon unmittelbar nach deren Uraufführung begann und bis heute kein Ende genommen hat. Die nachweisbaren Varianten sind kaum noch zu übersehen. Darunter finden sich Fassungen jeweils nur für Schauspieler oder nur für Schauspielerinnen3
3 In einer sehr erfolgreichen „topsy-turvy“-Fassung (1781) wurden Frauen- und Männerrollen vertauscht. Besonders die Rolle des Macheath war bei Schauspielerinnen sehr beliebt. 1820 spielte Madame Vestris im Haymarket-Theater diese Rolle. Macheath und Don Giovanni waren Glanzrollen dieser bedeutenden Schauspielerin.

, für Kinder oder Liliputaner, Bearbeitungen und Parodien mit unterschiedlicher Zielrichtung.4
4 U. a. The Quaker's Opera, The Fool's Opera, The Bow-Street Opera [...] Written on the Plan of the Beggar's Opera.

Offensichtlich ist die chamäleonartige Verwandlungsfähigkeit der Beggar's Opera schon in ihrer ursprünglichen Gestalt angelegt. Sie hatte eher den zeitkritischen Zündstoff als das ästhetisch gültige Werk im Auge.5
5 Eine Übersicht über einige Fassungen, in Ton- und Bilddokumenten ist am Schluß angefügt.


- Schon der Begriff „Oper“ im Titel kann als Teil der Satire verstanden werden: Bis wenige Tage vor der Uraufführung war die Realisierung dieser „Oper“ nämlich nur als Sprechstück mit Liedeinlagen (Volkslieder, Schlager, Gassenhauer, Balladen) vorgesehen, also weit entfernt von der damaligen (italienischen) Oper. Dann aber fand sich in der Duchess of Queensbury eine Gönnerin Gays, die das finanzielle Risiko für die Verpflichtung einiger Musiker übernahm. Johann Christoph Pepusch, der aus Berlin stammende Musikdirektor des Theaters, schrieb einfache Generalbässe für alle „airs“ und eine „richtige“ Ouvertüre. Diese enthielt eine Melodie, die jedermann als „Walpole“ oder „Der glückliche Clown“ erkennen konnte und die in den Gassen zu einem beliebten Spottgedicht auf den amtierenden Ministerpräsidenten geworden war. Dieser soll bei der Uraufführung anwesend gewesen sein, wird aber auf dem sehr realitätsnah gemalten Bild Hogarths zum 3. Akt nicht dargestellt. – Welche Aufführung Walpole auch immer besuchte: er muß schon während der Ouvertüre gemerkt haben, daß er in eine Veranstaltung der Opposition geraten war. Seitdem war Gays Beziehung zu Regierung und Hof ebenso gestört, wie diejenige der Duchess of Queensbury.


- Die Premierenbesucher müssen die kommende Sensation (und den sich anbahnenden publikumswirksamen Skandal) schon vor Beginn der Aufführung gespürt haben. Als nämlich die üblicherweise noch vor der Ouvertüre gespielte „erste“ Musik auf sich warten ließ, kam es zu lautstarken Protesten. Der Theaterdirektor schickte den Darsteller des Lockit vor den Vorhang, um die Sache klären zu lassen. Durch die plötzlich eintretende Ruhe völlig verwirrt, stotterte dieser: „Meine Damen und Herren, wir – wir bitten Sie, nicht nach einer


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