- 31 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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aufgeführt wurde. Zwei Werke aus diesem Jahr, eine Klaviersonate und ein Streichquartett, übernahm die Universal-Edition in Verlag. Im Februar 1932 wurde seine Oper Der gewaltige Hahnrei in Mannheim uraufgeführt. Beruflich war er seit 1925 als Korrepetitor an der Berliner Staatsoper engagiert, wo er bei der Vorbereitung der Uraufführung von Alban Bergs Oper Wozzeck, diesem eminenten musikalischen Ereignis der zwanziger Jahre, teilnahm. Am Schillertheater komponierte und dirigierte er Bühnenmusiken zu Stücken, die von den namhaften Regisseuren Jürgen Fehling, Leopold Jessner und Erich Engel inszeniert wurden. 1927 wechselte Goldschmidt mit dem Intendanten Carl Ebert nach Darmstadt, wo er dirigierte und Bühnenmusiken komponierte. Beide kehrten 1933 gemeinsam nach Berlin, diesmal an die Städtische Oper, zurück. Am 12. März 1933 erhielten beide ihre Entlassung.

Schon diese wenigen Daten belegen, daß Goldschmidt zu Beginn des Jahres 1933 ungleich bekannter war als Hartmann und Distler. Er saß beruflich in festem Sattel und hatte durch Kompositionen Aufmerksamkeit erregt. Eine bedeutende Karriere sowohl als Komponist wie auch als Dirigent schien kaum in Frage zu stehen. Auf die Frage einer möglichen Emigration äußerte sich Goldschmidt retrospektiv so:


Emigration ist ja keine so leichte Sache, daß man also sagt, morgen packe ich meine Koffer und reise irgendwo hin, nicht wahr? Erstens mal wurde sofort gesagt, das kann nicht so schlimm werden, von Papen ist ja Vizekanzler und Hindenburg wird das gar nicht zulassen usw. Die Städtische Oper unterstand nicht Göring und Goebbels, sondern weiterhin der Stadt Berlin unter Oberbürgermeister Dr. Sahm, der kein Nazi war. Sahm ordnete an, daß die Gehälter zur Hälfte für ein halbes Jahr weitergezahlt werden mußten.7

7 Berthold Goldschmidt, Komponist und Dirigent, hg. von Peter Petersen und der Arbeitsgruppe Exilmusik am musikwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg, Hamburg 1994, S. 54.


Goldschmidt leitete nach 1933 ein Orchester mit jüdischen Musikern, die aufgrund der neuen Rassengesetze ihre Stellung verloren hatten. Es wurde organisiert von der Künstlerhilfe der jüdischen Gemeinde, versehen mit Finanzmitteln aus den USA, und sollte die Musiker auf das im Entstehen begriffene Palästina Symphonieorchester einarbeiten – eine Idee des Violinisten Bronis³aw Huberman, die von Toscanini gefördert wurde. Als der politische Druck jedoch größer wurde, ging Goldschmidt ins Exil nach London. Hier arbeitete er zunächst mit dem Kurt-Jooss-Ballett, das sich mit der Choreographie des pazifistischen Stückes Der grüne Tisch internationales Ansehen erworben hatte. Goldschmidt komponierte für die Fortsetzung dieses Stückes, Chronica, die Musik und konnte mit den Tantiemen daraus eine bescheidene Existenz in London führen. Später arbeitete er beim Glyndebourne-Festival mit und organisierte Rundfunksendungen des BBC, in denen Musik nach Deutschland gesendet wurde, die dort verboten war. Diese Sendereihe hob die BBC 1947 auf, weil die damit verbundene Aufgabe nun wieder von deutscher Seite übernommen werden konnte. Im gleichen Jahr wurde


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