eine Emigration, die er bevorzugt hätte, ermöglichen
zu können. Hartmann überlebt auf diese Weise die Diktatur in München,
zuletzt am Starnberger See. Drohenden Einberufungen zur Wehrmacht entgeht
er durch Vortäuschung eines Herzleidens – Gutachten befreundeter
Ärzte und eigene Simulation helfen ihm bei diesem äußerst
riskanten Unterfangen. Gleich nach dem Krieg wird er von der amerikanischen
Besatzung herangezogen, am Aufbau eines neuen Kulturlebens in der Stadt mitzuwirken.
Er gründet die „musica viva“, eine Konzertreihe für
Neue Musik, die neben den Festivals in Darmstadt und Donaueschingen zum wichtigsten
Forum für die musikalische Avantgarde im Nachkriegsdeutschland heranwächst.
Er komponiert eine Serie von acht Symphonien, die häufig aus Umarbeitungen
älterer Werke bestehen, und wird im Schott-Verlag verlegt. Seine kompositorische
Haltung ist auch fortan maßgeblich von der Idee der Humanität geprägt.
Als Förderer der Neuen Musik und als Komponist genießt er europaweit
hohes Ansehen. 1963 stirbt er allzufrüh an Krebs.4
Die Kindheit von Hugo Distler ist ganz anders verlaufen. Er wächst in unsicheren Verhältnissen, zumeist bei seinen Großeltern auf, da sowohl Vater als auch Mutter ihn früh verlassen. So ist es zu erklären, daß sowohl seine musikalischen Lehrer in Leipzig als auch seine kirchlichen Mitarbeiter in Lübeck für ihn eine Art Vaterrolle übernehmen. Am Leipziger Konservatorium ist das vor allem Hermann Grabner und Günther Ramin, in Lübeck Pastor Kühl und der Leiter des Singkreises der Jakobi-Kirche, Bruno Grusnick. So tritt Distler gleichzeitig mit Kühl und Grusnick zum 1. Mai 1933 in die NSDAP ein, weil sie der gesellschaftlichen Erneuerung, die das Regime verspricht, positiv gegenüberstehen und weil sich vor allem Distler durch sein Ja zum neuen Staat Förderung als junger Musiker verspricht. Distler vertont 1934 zwei Texte mit nationalsozialistischem Aussagewert: die Kantate Ewiges Deutschland, die am Lübecker Stadttheater aufgeführt wird, und das Lied Deutschland und Deutsch-Österreich für ein Liederbuch der Partei. Distler gibt das Lied5
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