aber auch den Einmischungen von
Vierteltönen und von Jazz, und wohl auch die schützende
Hand vor alles Frivole, Erotische und psychologisch Aufdeckende
halte. Dadurch würden dann dem konservativen Komponieren in der
Tradition des 19. Jahrhunderts neue Chancen eröffnet. Diese an
sich tragfähig erscheinende Brückenkonstruktion für
den zukünftigen Weg ab 1933 sollte sich in vielen Fällen
aber als nicht tragfähig erweisen, weil dazu das Fundament
fehlte. Dieses hätte bestehen müssen aus klaren Direktiven
zum richtigen Komponieren im Dritten Reich. Aber obwohl dieser Staat
alles maßregeln wollte, sind solche allgemeinverbindlichen
Direktiven nicht in Ansätzen erkennbar. Schon die beiden Köpfe,
die diese Direktiven hätten ausgeben können, Goebbels und
Rosenberg, standen sich in ihren Vorstellungen unvereinbar
gegenüber. Das setzte sich fort in den beiden nachgeordneten
Dienststellen für musikalische Fragen, der Reichsmusikkammer
einerseits und dem Amt Musik der NSDAP andererseits. Und die
Presseberichterstattung über musikalische Uraufführungen
spiegelt die Heterogenität der Auffassungen über richtiges
und falsches Komponieren einleuchtend wider. Der totalitäre
Zugriff auf die Musik einerseits und das völlige Ausbleiben von
verbindlichen Vorstellungen darüber andererseits machte den
Anpassungswilligen das Leben schwer.
Die zwölf Jahre der notorischen Lenkung im musikschöpferischen Bereich haben aber nicht nur gravierenden Einfluß auf die Jahre vor 1945 ausgeübt. Sie haben auch den Erfolg und Nicht-Erfolg vor allem jüngerer Komponisten bis in unsere Zeit bestimmt. Sowohl der Einfluß des Nationalsozialismus auf die Existenzen von Komponisten während dieser Zwangsherrschaft soll im folgenden skizziert werden als auch die beträchtlichen Nachwirkungen dieser Zeit. Das läßt sich aufzeigen an einem Vergleich der Lebenswege von vier Komponisten der jüngeren Generation – sie sind 1933 zwischen 25 und 35 Jahre alt –, die vier Lebensmöglichkeiten nach 1933 repräsentieren, sowohl was die Ausgangslage betrifft als auch die daraus folgenden Entscheidungen. Es wird die Rede sein von Karl Amadeus Hartmann, Hugo Distler, Berthold Goldschmidt und Viktor Ullmann.
Will man zuvor einen Überblick gewinnen über die gesamte Komponistenszene in Deutschland am Beginn des Jahres 1933, so lassen sich grob drei Gruppen erkennen: Zuerst die ältere Generation, die sich seit langem mit bedeutenden Werken im Musikleben etabliert hat. Zum zweiten eine Anzahl jüngerer Komponisten, die sich bereits mit zumeist avantgardistischen Werken ebenso schon bekannt gemacht haben. Und drittens die Vertreter der jungen Generation, die gerade am Beginn einer kompositorischen Karriere stehen, eben erst mit eigenen Werken in die Öffentlichkeit getreten und nur einem kleinen Kreis bekannt sind.
Der wohl unumstritten bekannteste lebende deutsche Komponist im Jahre 1933 ist Richard Strauss. Seit mehr als vierzig Jahren sind seine Orchesterwerke und noch mehr seine Opern aus dem Musikleben nicht wegzudenken. So ist es nur |