3.
Dankrede anläßlich der Feier zum 40jährigen Dienstjubiläum
1994
(In
Form einer Fabel)
„Eine
Urkunde für den Dachs“
Die
Tiere des Waldes hatten einmal die Idee, das am längsten im
Wald lebende Tier zu ehren. So kamen sie auf den Dachs, der schon
seit mehr als vierzig Jahren seine Gänge in den Waldboden grub.
Als
sie sich fragten, wofür sie den Dachs besonders ehren sollten,
sagten die einen: „Der Dachs verdient die Ehrung, weil er
viele Gänge und Höhlen gegraben und damit einen wichtigen
Beitrag zur Lockerung und Belüftung des Bodens geleistet hat.
Außerdem hat er zum Beispiel den Füchsen, Kaninchen,
Igeln und Mäusen große Dienste erwiesen.“
„Falsch“,
sagten die anderen, „der Dachs gefährdet mit seiner
Graberei die Festigkeit des Waldbodens und, weil er das Wurzelwerk
beschädigt, sogar die großen Bäume. Aber wir ehren
ihn trotzdem, nämlich dafür, daß er im Lauf von
vierzig Jahren ziemlich maßvoll gegraben und relativ wenig
Schaden angerichtet hat.“
Sie
konnten sich nicht einigen und beschlossen den Dachs selbst zu
fragen, von welcher Partei er sich denn nun ehren lassen wolle.
Alle
Tiere versammelten sich auf einer weiten Lichtung und ganz zuletzt
erschien der Dachs, der sich verlegen noch ein paar Erdkrumen aus
dem Fell kratzte. „Wir wollen dich ehren“, sagte die
eine Gruppe der Tiere, „weil du vierzig Jahre lang so schön
viel gegraben hast. Darüber bekommst du sogar eine Urkunde.“
„Nicht
doch – unsere Urkunde mußt du annehmen“, sagten
die anderen. „Nämlich, daß du vierzig Jahre lang so
schön wenig gegraben hast.“
Da
der Dachs nichts sagte, gerieten sie untereinander in Streit und
bedrängten ihn so sehr, daß er sich am liebsten auf der
Stelle einen Fluchtweg gegraben hätte.
Schließlich
– alle waren schon ziemlich erschöpft – sprach der
König des Waldes, der Hirsch, ein Machtwort: „Da alles
Streiten uns nicht weiterbringt, möge allein der Dachs nun über
seine Ehrung entscheiden und erklären, wofür er sie
bekommen soll.“
Daraufhin
sagt der Dachs folgendes: „Mein ganzes Leben habe ich damit
verbracht, für mich und meine Familie zu sorgen –
Wohnungen, Verstecke und Fluchtwege zu bauen, und ich habe niemals
dabei an irgend etwas anderes gedacht.