- 163 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (162)Nächste Seite (164) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

3. Dankrede anläßlich der Feier zum 40jährigen Dienstjubiläum 1994

(In Form einer Fabel)

Eine Urkunde für den Dachs“


Die Tiere des Waldes hatten einmal die Idee, das am längsten im Wald lebende Tier zu ehren. So kamen sie auf den Dachs, der schon seit mehr als vierzig Jahren seine Gänge in den Waldboden grub.


Als sie sich fragten, wofür sie den Dachs besonders ehren sollten, sagten die einen: „Der Dachs verdient die Ehrung, weil er viele Gänge und Höhlen gegraben und damit einen wichtigen Beitrag zur Lockerung und Belüftung des Bodens geleistet hat. Außerdem hat er zum Beispiel den Füchsen, Kaninchen, Igeln und Mäusen große Dienste erwiesen.“


Falsch“, sagten die anderen, „der Dachs gefährdet mit seiner Graberei die Festigkeit des Waldbodens und, weil er das Wurzelwerk beschädigt, sogar die großen Bäume. Aber wir ehren ihn trotzdem, nämlich dafür, daß er im Lauf von vierzig Jahren ziemlich maßvoll gegraben und relativ wenig Schaden angerichtet hat.“


Sie konnten sich nicht einigen und beschlossen den Dachs selbst zu fragen, von welcher Partei er sich denn nun ehren lassen wolle.


Alle Tiere versammelten sich auf einer weiten Lichtung und ganz zuletzt erschien der Dachs, der sich verlegen noch ein paar Erdkrumen aus dem Fell kratzte. „Wir wollen dich ehren“, sagte die eine Gruppe der Tiere, „weil du vierzig Jahre lang so schön viel gegraben hast. Darüber bekommst du sogar eine Urkunde.“


Nicht doch – unsere Urkunde mußt du annehmen“, sagten die anderen. „Nämlich, daß du vierzig Jahre lang so schön wenig gegraben hast.“


Da der Dachs nichts sagte, gerieten sie untereinander in Streit und bedrängten ihn so sehr, daß er sich am liebsten auf der Stelle einen Fluchtweg gegraben hätte.


Schließlich – alle waren schon ziemlich erschöpft – sprach der König des Waldes, der Hirsch, ein Machtwort: „Da alles Streiten uns nicht weiterbringt, möge allein der Dachs nun über seine Ehrung entscheiden und erklären, wofür er sie bekommen soll.“


Daraufhin sagt der Dachs folgendes: „Mein ganzes Leben habe ich damit verbracht, für mich und meine Familie zu sorgen – Wohnungen, Verstecke und Fluchtwege zu bauen, und ich habe niemals dabei an irgend etwas anderes gedacht.


Erste Seite (1) Vorherige Seite (162)Nächste Seite (164) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 163 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik