Schlager in Deutschland von den dreißiger Jahren bis Kriegsbeginn
Reichspropagandaminister Josef Goebbels hatte schon in den Anfangsjahren nationalsozialistischer Herrschaft die Bedeutung des Films und der Filmmusik als Mittel zur Steuerung von Gefühlen erkannt und genutzt. Der träumerisch ins Weite gerichtete Blick der Zarah Leander, ihre ständige Bereitschaft zum Verzicht, ihr trotziges Aufbegehren gegen das Schicksal ließen sich ausgezeichnet vermarkten und für die politischen Ziele der Nationalsozialisten gewinnbringend einsetzen. Die mit ihren Rollen verbundenen Schlager erfaßten größere und andere Hörerkreise als stramme Kampflieder vom Schlage Wir fahren gegen Engeland, Panzer rollen in Afrika vor oder Vorwärts nach Osten, alle übrigens von Norbert Schultze, dem Komponisten des international bekannt gewordenen Soldatenliedes Lili Marleen. Diese scheinbar unpolitische Art der Unterhaltung erschien Goebbels ebenso wichtig wie die direkte ideologische Beeinflussung. Schon 1933 äußerte er sich in diesem Sinne vor dem von ihm einberufenen Kongreß deutscher Filmschaffender: „Selbstverständlich können wir nicht von früh bis spät in Gesinnung machen! Eine gewissen Bewegungsfreiheit muß herrschen.“18
Diese scheinbare Vorurteilslosigkeit und Internationalität deckte einen Schleier über die zunehmende Konzentration disziplinierender Maßnahmen im deutschen Kulturbetrieb. Filme z. B. wurden zensiert; seit 1936 mußten Partitur und Filmtexte dem Reichspropagandaministerium zehn Tage vor Drehbeginn vorgelegt werden.20
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