- 159 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (158)Nächste Seite (160) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Übungen und Innervationstraining ersetzen sinnloses Etüdenspiel und nehmen direkten Bezug zur Spielliteratur. Diese Verbindungen lassen sich auch leicht zur Improvisation oder zur praktischen Harmonielehre herstellen.


Dabei kommen Methoden des Blattspiels mit eidetischen, haptischen und kognitiven Einstiegen zum Zug sowie Techniken der gebundenen, halbfreien und freien Improvisation. Auf diesem weiten Feld hat die Arbeit im haptischen Bereich wesentliche und grundsätzliche Bedeutung, vor allem auch zur Gewinnung von Selbstbewußtsein und Spontaneität.


Auch bei den Streichern finden sich heute ähnliche Ansätze, wo der freie Umgang mit leeren Saiten und mutige Glissandi zur Vorbereitung aufs Lagenspiel die ängstliche Einübung kleiner Stücke ersetzen oder ergänzen soll.


[...]


Das künstlerische Hauptfach hat andere Ziele. Die musikalische Darstellung und damit Selbstdarstellung des zukünftigen Lehrers als Ausdruck seiner Persönlichkeit ist hier von eminent pädagogischer Bedeutung. Das persönliche Engagement zwischen Risiko und Gelingen gehört zur menschlichen und damit emotional erfaßbaren Seite des Lehrervorbilds. Hier gibt es auch keine Trennung zwischen Beruf und Privatleben; eine selbsterstrittene – wohl manchmal auch erlittene – künstlerische Ausbildung hängt ja nicht wie ein Mantel von angelernten Fertigkeiten über den Schultern, den man nach Belieben an- oder auszieht. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Violinsonate ist Unterrichtsgegenstand. Der Lehrer hat sie früher studiert, traut sich aber nicht mehr zu, das Werk künstlerisch überzeugend vorzuspielen. Soll er nun die Interpretation alleine der Oistrach-Platte überlassen? Nein, er sollte die Geige auspacken und das, worauf es ihm ankommt, erst einmal exemplarisch vorstellen, besondere Schwierigkeiten aufzeigen, von eigenen Übeerfahrungen berichten und damit die Schüler neugierig machen auf die meisterliche „Lösung“ auf der Schallplatte. So kann er sein Instrument und seine instrumentalen Erfahrungen selbst dort in den Unterricht einbringen, wo die Literatur von der Schwierigkeit her für ihn zu hoch liegt.


[...]


Ich fasse zusammen:


Worauf es mir ankommt, ist, Instrumentaldidaktik nicht nur isoliert zur Lösung instrumental-spezifischer Probleme einzusetzen. An zentraler Stelle kann sie den Weg öffnen zu fächerübergreifenden Erfahrungen, zu praxisorientierten Fertigkeiten, wie auch zu musikalisch-künstlerischer Selbstverwirklichung, gleich auf welchem Stand seiner Ausbildung sich die oder der Studierende jeweils befindet.


Erste Seite (1) Vorherige Seite (158)Nächste Seite (160) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 159 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik