- 158 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (157)Nächste Seite (159) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

weiter frustrieren wird, wenn es nicht zu neuen und vernünftigeren Inhalten findet.


Die Lehrer fühlen sich als Lehrer zweiter Wahl, die unter reduzierten Ansprüchen lustlos arbeiten; für die Studierenden ist es häufig eine lästige Pflicht ohne jedes Erfolgserlebnis. „Nomen est omen“: Pflicht- oder Nebenfach. Auch mit neuen Etiketten wie „künstlerisches Begleitfach“ kommt man dem Problem nicht näher. Im Gegenteil, hier decouvriert sich das Problem besonders deutlich.


Das häufigste und sinnvollste instrumentale Begleitfach ist ohne Frage das Klavier mit seinen sowohl harmonischen als auch melodischen Möglichkeiten; dem sofort verfügbaren Ton und der einsichtgebenden Tastatur mit Pentatonik im Schwarztasten- und Leiterordnungen im Weißtastenbereich. Mit allen Möglichkeiten des Zusammenklangs bis zum vielstimmigen Akkord oder Cluster.


Hier gilt nun in besonderem Maß, das heißt deutlicher als im Hauptfach, daß die Auseinandersetzung mit dem Instrument zu einem selbstgestalteten und damit – das ist sehr wichtig! – selbsterfahrenen Umgang mit Musik in allen Bereichen führt. Das Ziel liegt nicht im Erreichen hochgesteckter interpretatorischer Normen. An erster Stelle steht die schnelle Verfügbarkeit und die Anwendung auf breiter Ebene. Die Anforderungen im Literaturbereich werden sich mit Exemplarischem begnügen, denn Vorrang hat erst einmal der Gebrauchswert innerhalb des eigenen Studiums.


Die Fächer, für die das „praktische“ Klavierspiel unmittelbare Bedeutung hat, sind Tonsatz, Analyse, Hörerziehung, Begleitung und Generalbaßspiel, Chorleitung und Ensemblemusizieren, sowie Improvisation. Im späteren Berufsfeld kommt es außerdem auf die Fähigkeit an, aus allen musikalischen Bereichen – von der Gregorianik bis zum Pop, von der Darstellung musikalischer Grundelemente bis hin zur komplexen Partitur – Beispiele in anschaulichen und veränderbaren Grobmustern erstellen zu können. In bestimmten Phasen des Schulunterrichts sind solche handgefertigten Beispiele jeden noch so perfekten Bändern oder Platten weit überlegen.


Damit rücken die Probleme des Blattspiels und des freien Spiels in den Mittelpunkt der Ausbildung. Für beide Bereiche taucht gleichzeitig ein ganz neuer Begriff von Technik auf, der mit „Greifen und Begreifen“ viel, mit Tonleitern und Arpeggien nur noch wenig zu tun hat.


Der heute immer noch praktizierte Ansatz von dünnem, zweistimmigen Legatospiel in kleinen Tonräumen ist zu ersetzen durch das „Erfassen“ der gesamten Tastatur, mit der ganzen Hand und dem ganzen Arm. Der Griff also ist Ausgangspunkt, und damit steht das akkordische Spiel an erster Stelle. Gezielte


Erste Seite (1) Vorherige Seite (157)Nächste Seite (159) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 158 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik