Teiles
im ersten Fall eine Subdominante mit leitereigener großer Septime aufweist
(ebenfalls halbfrei bzw. durch stufenweise Abwärtsführung der Akzenttöne
auf der jeweils ersten Zählzeit eingeführt) – bei der Wiederholung
im nachfolgenden Takt ist er zugunsten der ausschließlichen Verwendung
des Chopin-Akkordes eliminiert. Die kleine None der Ballade ist in klanglicher
Hinsicht in ihrer Dissonanz-Wirkung der großen Septime im Semplice-Teil
von Op. 22 ebenbürtig. Obwohl dort im Chopin-Akkord dieselbe Septime vorkommt
wie in dem Septkakkord der vierten Stufe (Takt 68, 1. Viertel: c-h1
bzw. 2. Viertel: c1-h1), werden die beiden Akkorde als
unterschiedlich scharf klingend erfahren: die Tatsache, daß im einen Fall
die große Septime über dem Grund- bzw. Baßton steht, wirkt
sich verschärfend aus gegenüber einer großen Septime, die ihrerseits
auf der Dominantsept steht.
Auf
eine ästhetische Bewertung dieser Ähnlichkeiten zwischen Ballade und
Polonaisen-Einleitung sei hier verzichtet. Der Vorwurf der Selbstwiederholung
oder Unoriginalität scheidet schon allein aufgrund der Unterschiedlichkeit
der konkreten Gestaltung und der unterschiedlichen Einbettung in den Kontext
aus, dennoch ist zu bedenken, daß Werkgrenzen nicht prinzipiell zugleich
stets Grenzen „legitimer“ Motiv- oder Strukturbeziehungen sein müssen:
sowohl was musikalische Zitate schlechthin angeht, als auch beispielsweise die
Betrachtung von einheitlichen Momenten etwa innerhalb der drei späten Klaviersonaten
von Schubert oder derjenigen Beethovens. Im übrigen ist es äußert
zweifelhaft, ob sowohl die Beziehungen zwischen den beiden Werkausschnitten
als auch die innerhalb der Ballade überhaupt bemerkt werden – in
der vorliegenden Literatur finden sie jedenfalls keine Erwähnung.91
Wichtiger als die Beziehung zwischen Ballade und Polonaise sind diejenige innerhalb der Ballade. Sie können noch weiter vertieft werden: Verlängert man nämlich – angeregt durch die Parallelisierung von Takt 34 bis 36 mit den Takten 5 bis 9 – den Vergleich gewissermaßen nach rückwärts, so ergibt sich ein Schema, das es erlaubt, die musikalischen Inhalte von Takt 32 f. mit jenem der Einleitung insgesamt in direkte Relation zu setzen. (Die Noten der Einleitung sind |