- 132 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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Erweist sich das Konzept eines Zweitonmotives, gleichgültig ob die Tonhöhen absolut oder relativ zu einer Tonleiter oder Akkordlage aufgefaßt werden, als tragfähig zur Beschreibung des motivisch-thematischen Geschehens in der Ballade, so liegt es nahe zu fragen, ob – neben der Terz bzw. Quarte – nicht noch einem weiteren Intervall eine dominierende Bedeutung zukommt. Geht man wiederum zunächst vom Hauptthema aus und betrachtet die möglichen sukzessiven Intervalle der Melodiestimme, so scheinen nur noch Quint und Oktave in Frage zu kommen, wobei hier als Einschränkung zu berücksichtigen wäre, daß es sich dabei zum sogenannte „tote“ Intervalle handelt, nämlich jene zwischen dem Schlußton einer Phrase und dem Beginn der folgenden. Die Quinte als Intervall zwischen erster Phrase und zweiter scheint als unmittelbare Distanz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Tönen im weiteren Verlauf keine besondere Rolle zu spielen, ist jedoch als stufenweise durchschrittener Rahmen einer Folge von Spitzentönen schon zu Beginn präsent: Auch ohne Anhänger der Schenkerschen Betrachtungsweise zu sein, leuchtet unmittelbar ein, daß sich mit Beginn der zweiten Hauptthemaphrase eine absteigende Linie abzeichnet, deren ersten beiden Töne d2 und c2 von der zweiten Phrase herrühren und die ihre Fortsetzung in dem mit dem Spitzenton b1 beginnenden Terzzug der Wiederholung der ersten Phrase mit dem sich anschließenden a1 und g1 erfährt und dort auch einen vorläufigen Endpunkt findet. Diese Linie läßt sich – wie auch schon erwähnt – zurückverlegen in eine Linie, die mit dem d2 der Largo-Einleitung in Takt 5 beginnt und unter Auslassung des g1 in Takt 6 analog mit der Linie b1, a1 und g1 in Takt 9, erste Hälfte, endet.76

76 Vgl. Leichtentritt, a. a. O. (s. Anm. 13), Bd. 2, S. 4.

Dieselbe Spitzentonkonstruktion läßt sich, jetzt aber sogar im Oktavrahmen, für die variierte Wiederholung des Hauptthemaanfanges ab Takt 13 ausmachen.


Notenbeispiel 21


In diesem Linienzug ist zudem eine „klingende“ Oktave es1-es2 vorhanden (und eine weitere „tote“ c2-c1), so daß – bedenkt man, daß auch die Takte 21 bis 25 zentral von Oktaven bestimmt sind – die Auffassung dieses Intervalles als bedeutsames Konstruktionselement als gesichert gelten kann.



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