Bei
den vorigen Betrachtungen hat sich als überzeugend erweisen, daß
das Zweitongebilde einer Sekunde durchaus im Kontext dieser Ballade als motivisch
bedeutsam einzuschätzen ist. Dies sensibilisiert für die übrigen
Sekundkonstellationen des Werkes. Rückwirkend betrachtet ist dann die
melodische Figur in der linken Hand Takt 24 f. eben nicht irgend eine beliebige
Diminution, sondern eine, die mit der Hauptmotivik zusammenhängt (zwei
Sekunden unterschiedlicher Bewegungsrichtung unmittelbar hintereinander).
Auch die Sekundbewegung Cis-D in Takt 52 und 53 ist dann als Umkehrung der
zudem an derselben Taktstelle befindlichen Sekunde es-d in den vorhergehenden
Takten aufzufassen (mit der klanglichen Härte Cis-cis versus d2
in Takt 52 bzw. – weniger scharf – Cis versus d1
im folgenden; Härten, die es nicht wie selbstverständlich bei der
Interpretation durch Betonung der obersten Stimme zu kaschieren gilt). Unter
die Kategorie „bedeutende“ Sekunden schließlich fallen auch
jene Fis-G- bzw. cis-d-Bewegun-gen in Takt 240 f., denen als Gegenbewegung
die Sekunden (genauer: Nonen) e1-d entgegenstehen, so daß
eine harmonische Ambivalenz entsteht74
74 Insgesamt
ist der Abschnitt, vor allem ab seinem Höhepunkt Takt 234, mit
jenem ab Takt 48 tonräumlich vergleichbar. Die Figur der rechten
Hand in Takt 240 f. korrespondiert mit jener in 208 ff., wobei dort
jeweils höchster Ton zweifelsfrei akkordeigen, tiefster in der
Regel akkordfremd ist.
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: der Ton e1 kann
aufgefaßt werden als leiterfremder oberer Nebenton eines G-Moll-Akkordes,
der zwischen Grundstellung und Quartsextakkordform wechselt, und seine Lösung
jeweils im oktavversetzten d finden, oder aber als akkordeigener Ton eines verminderten
Septakkordes g-b-cis-e (bei dem der Ton d einer Erklärung als akkordfremdes
Gebilde bedürfte). In beiden Fällen jedoch ist das e1 zusammen
mit seinem b und g eine motivisch-harmonische Antizipation der Akkorde der linken
Hand in Takt 243 bis 245, wo das Sekundspiel e1-fis1-e1
einen überaus deutlichen Rückbezug auf das vom Hauptthema bestimmte,
entwickelnde Geschehen in Takt 201 ff. nimmt und seine Lösung im Dominantakkord
mit Vier-vor-Drei-Vorhalt in Takt 246 bis 248 findet. Daß diese motivisch-tonliche
Vorausnahme bei einem leitereigenen es in Takt 240 wegen der sonst zu fis1
entstehenden übermäßigen Sekunde es1-fis1
nicht möglich ist, sei hier eigens vermerkt; ob man – vor allem bei
einem übergeordneten Deutungskonzept, das die Sekundbewegung es-d zum Zentralereignis
erklärt – daran weiterreichende Interpretationen anschließen
soll, sei hier nicht entschieden; immerhin: die Opposition e-d versus es-d wird
ganz am Schluß des Stückes nochmals aufgegriffen – Takt 257
bringt in seiner zweiten Hälfte die figurative Zerlegung des Akkordes der
ersten Takthälfte nach dem Muster des Hauptthemas75
75 Dieser
Takt ist zusammen mit dem vorhergehenden seinerseits eine lagenveränderte
Wiederholung von Takt 252 f., wobei dort, um in die Terzlage –
bei offensichtlich wie auch in Takt 257 intendierter Quartsextakkordwirkung
– zu gelangen, ein akkordfremder unterer Nebenton a-A eingeschoben
werden mußte; bei Quintlage – Takt 257 – ist dies
unnötig, der analoge Ton ist akkordeigen.
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und unter Verwendung des Tones
es2 bzw. es1, der zweite Klang im Folgetakt hingegen ist
wieder ein e4 bzw. e3, das seine Fortführung ins
es4 bzw. es3 in den übergeordneten Verlauf einer
chromatischen Tonleiter abwärts eingebettet findet.
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