- 128 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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Hauptthemas auf der Eins pausieren, manchmal auch auf der Eins erklingen. Ab Takt 32 werden beiden Elemente von der linken Hand gespielt. In Takt 34 nun ist auf der Eins die Oktave noch vertreten, auf der Vier, dem Beginn der zweiten Takthälfte, hingegen findet in Antizipation des Kommenden bereits die Reduktion auf den einzelnen Baßton statt. In die auf der Zwei und Drei bzw. Fünf und Sechs nachschlagenden Akkorde ist Bewegung gekommen: statt bloß zu repetieren, sind die zu erwartenden Vierklänge in je zwei aufsteigende, durch Umkehrung auseinander hervorgehende dreitönige Akkorde verwandelt (die ganz- bzw. halbtaktigen Baßtöne sind bereits ab Takt 32 für das Erklingen in voller Länge aufs Pedal angewiesen)66
66 In sehr vielen Fällen erklären sich die spezifischen, in ihrer Unbekümmertheit des Ineinanderklingens von Tönen der mittleren und oberen Lagen heutiger Praxis oftmals zuwiderlaufenden Pedalisierungsvorschriften Chopins letztlich aus ihrer Verwendung zur Erreichung eines kontinuierlichen Baßstimmenverlaufes.

. Takt 35 hat in der ersten Hälfte nahezu schon diejenige Gestalt, die für den kommenden Formabschnitt in erster und zweiter Takthälfte obligatorisch ist: Baßton auf der Eins, nunmehr bereits mit Staccato-Punkt67
67 Im Zusammenhang mit der Pedalvorschrift ist er als Betonung und klangliche Absetzung vom Umgebenden zu deuten, wenn nicht gar als quasi nur den Pianisten angehende Vorschrift für den Bewegungsverlauf des Spielapparates.

versehen, und Reduktion der Akkordbewegung zwischen der Zwei und Drei auf ein Vorhaltsgeschehen der obersten Note. Die zweite Hälfte des Taktes ist hinsichtlich des Anschlagens der Tasten eine ungefähre Wiederholung der ersten, wobei das Weiterklingen des Baßtones bis zum Taktende – er ist im Rahmen dieses durch Überbindung (es68
68 In der Tat verzichtet Chopin hier – ganz im Sinne des in der vorigen Anmerkung Gesagten – auf das Pedal. Da der Akkord nun zugleich mit der Baßstimme gegriffen werden kann, ist auch ein Überbinden der Klänge von der dritten Zählzeit über die vierte hinweg, wie sie weiter oben in einem bestimmten Argumentationszusammenhang postuliert wurde, möglich und von Chopin auch realisiert worden.

Der Oktavsprung D-d kann ohne weiteres in Verbindung gebracht werden mit jenem der Figur des nachfolgenden Formteils, der zwischen erster und zweiter Zählzeit ebenfalls einen Oktavsprung bringt.69
69 Für den Takt 35 (und einer Reihe weiterer Stellen) schlägt Lange (a. a. O. [s. Anm. 21]) Verbesserungen des Chopinschen Originaltextes vor, die für diese Stelle allerdings der hier vorgetragenen Argumentation einiges von ihrer Subtilität nehmen würden.


Auf eine weitere kompositorische Vermittlung zwischen Formabschnitten stößt man, wenn man die Handhabung der Faktur der Takte 36 ff. bzw. 40 ff. noch etwas genauer untersucht. In der zweiten Hälfte von Takt 38 bzw. 42 zeigt sich, daß der Oktavgriff der rechten Hand nicht mehr dieselbe Tonqualität aufweist, wie die mittlere Stimme der linken Hand70

70 Der Umstand, daß sich in der zweiten Hälfte von Takt 37 bzw. 42 die eigentliche Dreistimmigkeit punktuell zur Vierstimmigkeit erweitert, ist weniger bedeutsam: die Verwendung eines Terzquartakkordes anstelle des einfachen Sextakkordes ermöglicht an dieser Stelle eine Zwischendominantisierung, die an den übrigen Stellen wenig Sinn hätte. Daß in Takt 38 ein c fehlt, ist weniger einfach zu erklären: an der analogen Stelle Takt 43 taucht es nämlich ganz regulär auf, so daß sich das Argument von der Anzahl der sich ansonsten ergebenden massiven C-Verdoppelung als haltlos erweist. Hier wäre der Vorschlag Langes zu einer Ergänzung für 5. und 6. Viertel von Takt 38 (vgl. Anm. 21 und 69) sinnvoll.

bzw. zu deren übrigen Stimmen nicht

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