- 122 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
  Erste Seite (1) Vorherige Seite (121)Nächste Seite (123) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Notenbeispiel 15


Abgesehen von den besprochenen harmonischen Unterschieden52

52 Hätte Chopin die Harmonik lediglich von einer Folge von halbtaktiger Zwischendominante mit einer gleich langen Haupt- bzw. Nebenstufe in eine unveränderte Wiederholung desselben Akkordes geändert, so würde der harmonische Rhythmus schlagartig verlangsamt. Unter diesem Gesichtspunkt ist zu verstehen, daß die harmonische Grundlage der Wiederholungsfigur durch einen Nebentonakkord bereichert wurde.

haben zwar beide Figuren in etwa dieselbe Kontur. Genauer betrachtet – und unter Einbeziehung des genetische Aspekts – sind aber auch deutliche Differenzen wahrzunehmen: der Terzfall im Baß hat in der einen Figur eine Gegenbewegung in der Oberstimme (chromatisch verbunden die Haupttöne Terz und Quinte, letzterer mit diatonischer bzw. chromatischer oberer Wechselnote53
53 Welche der beiden Formen gewählt wird, hängt davon ab, der Folgeakkord Dur- oder Molldreiklang ist, was seinerseits ja durch die Leitereigenheit der Akkordtöne bestimmt ist.

), in der anderen sind Oberstimme und Baß in Parallelbewegung gehalten, wie das analytisches Konstrukt der nicht gebrochene Form dieser in die Systematik des „Viertonmodelles“54
54 Vgl. Anm. 31.

einordenbaren Figur noch deutlicher zeigt. Wollte man dem „Beziehungs-wahn“ freien Lauf lassen, so könnte man auf Basis der Intervalle: Sekunde plus Terz, argumentieren, daß es sich um Kernelemente des Grundmotives (sogar in doppelter Ausfertigung) handelt. Immerhin: faßt man den auftaktigen Akkord der zweiten Figur nicht als selbständiges Gebilde, sondern als mehrfache Nebentoneinstellung, so bleibt als Gerüst der – allerdings nicht unmittelbar harmonisch weitergeführte – Chopin-Akkord übrig.


Hiermit ist ein Frage angesprochen, die im folgenden ein wenig ausgeführt werden soll, nämlich die, inwieweit die Gleichheit eines oder nur weniger Intervalle ausreicht, um das zu konstituieren, was man ästhetisch erfahrbare Einheit bzw. Beziehung bezeichnet (mit der Hintergrundfrage, inwieweit ein Interpret durch seine Spielweise derartigen Beziehungen auf die – zeitlichen – Sprünge helfen kann). Geht man davon aus, daß die für den Verlauf einer Komposition relevanten motivisch-thematischen Elemente insbesondere im Thema präsentiert wurden, so lassen sich für die G-Moll-Ballade auf der Ebene der sukzessiven Intervalle für die erste Phrase (c1, d1, fis1, b1, a1, g1) drei verschiedene Größen feststellen: Sekunden, eine Terz und eine verminderte Quart. Die mehrfach vorkommenden Sekunden


Erste Seite (1) Vorherige Seite (121)Nächste Seite (123) Letzte Seite (169)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 122 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik