- 113 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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Werkentstehung betreffender, als ästhesischer, d. h. die Wahrnehmung des fertigen Werkes durch den Hörer betreffender Art sei41
41 Zu den Termini Poiesis/Ästhesis als von Poetik/Ästhetik abgehobenem Paar vgl. Jean-Jacques Nattiez, Fondements d’une sémiologie de la musique, Paris: Union Générale d’Éditions 1975 (= Collection 1018; Bd. 1017), S. 51 f.

; zweitens im Hinblick darauf, daß derselbe musikalische Hauptinhalt, d. h. nach allgemeinem Verständnis die Melodie und ihre zugehörige Harmonisierung, bei minimalen strukturellen Differenzen zwischen seinen verschiedenen Erscheinungsformen – sie ließen sich als Varianten bezeichnen – ausdrucksmäßig hingegen erheblich Unterschiede aufweist. Beide in ihrer Blickrichtung entgegengesetzten analytischen Aspekte – der eine die Einheit, der andere die Unterschiede akzentuierend – seien an anderen Sektionen der Ballade fortgesetzt. Zunächst zur zuletzt genannten Betrachtungsweise, der Hervorhebung der Unterschiede in der Einheit: Im unmittelbaren Anschluß an den Seitensatz folgt ein Abschnitt, den man zumindest bei seinem ersten Auftreten als epilogartig bezeichnen kann. Er enthält in seiner melodischen Substanz Elemente, die auf das Hauptthema verweisen, so daß man an dieser Stelle von einem direkten (zeitlichen) Aneinanderrücken der beiden Ausformungen der Grundidee sprechen kann. Dieser Bezug geht sogar soweit, daß es sich innerhalb eines Ausschnittes um ein fast wörtliches Melodiezitat handelt.42
42 Selbst Günther Wagner, sonst eher rigide, wenn es darum geht, Motivbeziehungen zu sanktionieren, teilt diese Ansicht (a. a. O. [s. Anm. 13], S. 15 f.).

Notenbeispiel 10

Frame11

Dem steht gegenüber, daß der sensible Hörer, der sich auch hermeneutischen Überlegungen nicht verschließt, intuitiv auf der Unvergleichlichkeit der Wirkung und Bedeutung der beiden Stellen beharren wird: die Erscheinungsform des Hauptthemas sei gewissermaßen der Beginn des ernsthaften Erzählens einer „wichtigen Begebenheit“, also die Exposition der eigentlichen Narration, die des Epiloges hingegen eine Evokation eines Glückszustandes im Rahmen der geschilderten Balladenhandlung, in die sich der Erzähler versinkend verliert, um mit dem Wiedereintritt des Hauptthemas sich quasi wie mit einem Ruck zur Fortsetzung der Erzählung der das geschilderte Geschehen vorantreibenden Handlung zu entschließen. Diese spezifischen Unterschiede können aber auch direkt strukturellen Sachverhalten zugeordnet werden. Wiederum in Stichworten: Die Figur in Takt 8


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