- 110 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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hinaus zur echten harmonischen Zweistimmigkeit erweitert wurde, jedoch fehlt die Oktave beim jeweils zweiten Dominantklang und seiner anschließenden Wiederholung (zweite Hälfte von Takt 106, 108 und 116). Dieses Fehlen wird jedoch sofort einsichtig, wenn man den Versuch einer Ergänzung unternimmt: es entstünden starke klangliche Reibungen, die zudem spieltechnisch ungewöhnliche Probleme aufwürfen.34
34 So würde der 2. und 3. Akkord in Takt 106 aus den Tönen cis2, d2, e2, gis2 und cis3 bestehen.

Satztechnisch bedeutsamer als die eben besprochenen Änderungen, die direkt und indirekt aus der grandioso-Konzeption resultieren, ist erstens, daß die charakteristische Quartenparallelführung in Takt 106 (und in der Entsprechung in Takt 114) fehlt, nicht jedoch in Takt 108 bzw. 116, wo die Dominantnone durch Überbindung aus der Terz des vorhergehenden Dreiklanges eine Vorbereitung erfährt; zweitens, daß in Takt 108 bzw. 116 die Dominantsept nachschlagend eingeführt wird und somit eine melodische Linie aus den Tönen h2, a2 und gis2 entsteht, die als „Kanon“ in der Sekunde bzw. der Unterseptime aus dem Brückenmotiv a2, gis2, fis2 (bzw. a3, gis3, fis3) angesehen werden kann.35
35 Es läßt sich auch eine durchgehende Linie: cis3, h2, a2 und gis2 von Takt 107, 4. Viertel, bis Takt 109 annehmen.

Für die „Kanon“-Hypothese spricht, daß die Rhythmik des Brückenmotives von der Form: punktierte Viertel, Achtel, punktierte Halbe zur Form: punktierte Halbe, Viertel, punktierte Halbe verändert, d. h. dem Rhythmus des folgenden Motivs angeglichen wurde. (Es bedarf kaum der Erwähnung, daß sich in der Realisierung dieses „Kanons“, wurde er als solcher erkannt, eine Gestaltungsaufgabe für den Spieler stellt. Ähnlich könnte ein Interpret die Linie, die durch die nachschlagende Septeinführung in Takt 106 bzw. 11636
36 In Takt 114 kann zum einen deshalb nicht vom Nachschlagen gesprochen werden, da die Sept bereits zu Beginn des Taktes erklingt und zum anderen im 4. Viertel ein d1 in linken Hand erscheint.

entsteht, beim ersten Auftreten des Seitenthemas in der dortigen Gestaltung eines Abschnittes der linken Hand – Takt 68 bzw. 76 die Töne c37
37 Der kontrastierende Mittelteil des Seitenthemas führt die Melodie insgesamt etwa eine Oktave nach unten; beim ersten Auftreten des Seitensatzes ist dieser Mittelteil durch einen Oktavsprung, der dem zwischen erstem Motiv und Brückenmotiv korrespondiert, ans Vorhergehende angeschlossen, d. h. die Reprise kann in derselbe Lage wie zu Beginn (mit einem Septsprung abwärts) anschließen. Dieser Oktavsprung – er käme in der Mitte von Takt 109 zu liegen – entfällt dort, vermutlich aus klanglichen Gründen; der Anschluß des Brückenmotives in Takt 115 hat daher 2 Oktaven zu überbrücken: ein auftaktiger Sprung a2 nach a3 überbrückt die Lage, wobei der nun verkürzte Schlußton a1 durch eine Oktave und eine an analoger Stelle sonst nicht vorkommende Pause vom folgenden a2 getrennt wird.

Bliebe noch zu erwähnen, daß dieses oktavmäßige Durchschreiten der Lagen durch die anschließenden Tonleiterpassagen ausgefüllt werden.

(Zwar keine Änderung gegenüber dem ersten Auftreten

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