Eine dritte Besonderheit schließlich ist, daß die Fortführung der parallelen Quarten bei der Lösung in die Tonika – wiewohl dort akkordeigene Töne ergebend – nicht stattfindet: es erklingt lediglich ein einzelner, nicht einmal ein doppelt behalster Ton. Geht man aber davon aus, daß Chopin Doppelbehalsung beim Zusammentreffen von Stimmen im allgemeinen nur bei unterschiedlicher Dauer der beiden zusammenfallenden Töne notiert, so kann argumentiert werden, daß die untere Stimme in denselben Ton mündet wie die obere, sie sich mithin als aufsteigende Sekundfortschreitung fortsetzt. In diesem Falle ergäbe sich sogar eine Analogie zum Hauptthema, bei dem der ebenfalls nur einfach behalste Zielton g1 in Takt 9 sowohl von der von der Terz b1 absteigenden Stimme erreicht wird wie auch vom aufsteigenden fis1 des Vortaktes. Die Auffassung als Einmündung in den Einklang beim Seitenthema im Unterschied zu einer Auffassung mit abspringendem oder gar ins Leere führendem Leitton könnte nun von einem Interpreten dem Hörer – etwa durch eine stärkere dynamische Hervorhebung der Unterstimme insgesamt – auch rein akustisch vermittelt werden; es ergibt sich ein musikalisch durchaus plausibler Verlauf: die so entstehende Unterstimme mit ihrem zusammenhängenden Tonleiterausschnitt hat sanglichen Charakter. Ein interessantes Schlaglicht ist in diesem Kontext, daß Robert Schumann – möglicherweise von Chopin inspiriert33
Notenbeispiel 9: Schumann: Davidsbündler Tänze op. 6, 2. H., Nr. 5
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