- 107 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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wie sie Hans Keller in seiner „wordless ‘functional analysis’“ vorschlug29
29 Essays on Music, hg. von Christopher Wintle mit Bayan Northcott u. Irene Samuel, Cambridge usw.: Cambridge University Press 1994, S. 126 ff.

(vielleicht könnte man Chopins Motivspiel in der Einleitung des Werkes als einen Versuch in diese Richtung deuten) –, so kann er doch eine andere Dimension der Komposition des Seitenthemas durch Akzentuierung einzelner Töne bzw. Stimmen plausibel machen: die kompositorische Idee einer mit nahezu jeder Wiederkehr geänderten Gestaltung der Stimmführung des Kernmotives des Seitensatzes. Diese unterschiedlichen Formen seien der Einfachheit halber durch eine Art tabellarisches Notenbild, das alle Beispiele auf eine einheitliche Tonart bezieht, verdeutlicht. (Innerhalb des Seitenthemas tritt das Motiv jeweils viermal auf: je zweimal zu Beginn – a1 bzw. b1 – und zweimal in der Reprise – a230
30 Genau genommen ist der relativ asymmetrisch gebaute Seitensatz zweiteilig: auf 3½ Takte, die zweimal das Kernmotiv präsentieren, folgt ein 4½taktiger Abschnitt entfernteren musikalischen Inhalts, die zusammen den ersten, auf der Doppeldominante endenden Teil bilden; der zweite ist die Wiederholung des ersten, wobei dessen erster Abschnitt unverändert, der zweite jedoch stark gekürzt und motivisch-harmonisch geändert wiederholt wird. Durch eben diese Änderungen entsteht eher der Eindruck einer dreiteiligen Reprisenform mit kontrastierendem Mittelteil und angehängter kurzer „Coda“. Nur angedeutet sei hier, daß das Prinzip der Variation im Laufe des mehrfachen Vorkommens des Seitensatzes sich auch auf die Gestaltung des Mittelteiles bezieht: so ist zum Beispiel das Ausmaß, in dem sich die Sequenzierungen, die die Harmonik bzw. die Baßstimme bestimmen, auch in der Melodik ausprägen bzw. durch Variation verschleiert werden, durchaus unterschiedlich gehalten; in den Takten 71 ff. gleicht kein Glied exakt dem anderen, die Takte 169 ff. haben das höchste Maß an Regularität, die Takte 109 ff. stehen dazwischen.

; beide Paare stehen jeweils untereinander harmonisch in Quintverhältnis.)


Notenbeispiel 8 (transponierte Beispiele)

Im Hinblick auf die Varietät der vier Formen des harmonischen Kernmotives innerhalb eines Seitensatzes ist jener erste Formabschnitt – sein erstes Auftreten „Mono mosso“, Takt 67–82 – der am einheitlichsten gehaltene. Sieht man von dem Brückenmotiv bei der jeweils unmittelbaren Wiederholung ab, so sind in der


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