substituiert.20
20 Takt
4 läßt im Hinblick auf eine Haupttöne auch andere Interpretationen
zu, z. B. folgende: die Doppelschlagfigur fis-g-fis-eis-fis repräsentiert
den Hauptton fis, das folgende a ist obere Nebennote zum darauffolgenden
Hauptton g, an den sich der (wiederholte) Hauptton es anschließt,
mithin die Folge fis-g-es eine Sequenzierung der Folge b-c-as. Dem Deutungsspiel
scheinen keine Grenzen gesetzt.
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Zudem ist in keinem der Takte
3 bis 5 der für das Hauptthema charakteristische aufsteigende kleine Sekundschritt
zwischen erstem und letztem Ton dieses viertönigen Gebildes vorhanden.21
21 Er ist als eigene Stimme sogar notiert,
wenn er auch aus Gründen der einfacheren Notierung – wie
die übrigen horizontalen Stimmen – im letzten Achtel des
Taktes rechnerisch nicht mehr vertreten ist (eine auch rechnerische
„richtige“ Legato-Notierung bietet die um ein Achtel im
Takt nach vorn gerückte Version der Figur beim Übergang von
Takt 14 nach 15). Im übrigen ist die Stimmführung relativ
konsequent durchgehaltene Fünfstimmigkeit: das g1 in
der ersten Hälfte von Takt 9 ist mit doppelter Behalsung zu denken,
ebenso das folgende d1 in der zweiten. Die bei Lange (So
spiele und lehre ich Chopin. Analysen und Interpretationen, Stuttgart:
Franz Steiner 1994, S. 144) vorgeschlagene Hinzufügung eines zusätzlichen
b1 auf dem 5. und 6. Viertel ist überflüssig; die
Oktavparallele d2-c2/d1-c1
beim Übergang von Takt 9 nach 10 ist in jedem Fall einer stimmführungsmäßigen
Freiheit des Satzes zuzuschlagen.
Notenbeispiel
6
![](../Henning_gesamt_html_m7af553f5.gif)
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Dessen ungeachtet ist für
das Hören einigermaßen plausibel, daß das motivische Geschehen
ab Takt 3 eine Art Hinführung und Vorbereitung des Hauptthemeneinsatzes
darstellt. Ist nun ein Interpret der Ansicht, in der Einleitung würden
Motivkeime sowohl vom Haupt- wie vom Seitensatz vorgestellt, so wird sich sein
Spiel der fraglichen Töne vom Beginn der Einleitung unterscheiden vom Vortrag
jemandes, für den lediglich die Motivbeziehung zum Hauptthema alleine relevant
ist. Ob allerdings umgekehrt – und dies wäre die genannte Skepsis
– ein Hörer durch das Anhören einer Interpretation der ersteren
Art gewissermaßen allein durch das Hören mit den Ohren auf diese
Beziehung gestoßen wird, ist doch recht unwahrscheinlich.
Der
Einwand, derlei Relationen wie die von einem Motiv zu einem anderen, das erst
in beträchtlicher zeitlicher Distanz wiedererscheint, seien beim Hören
nicht nachvollziehbar und damit ästhetisch irrelevant, ist nicht blank
zu akzeptieren.22
22 Zur Legitimität von Beziehungen,
die nicht unmittelbar auf der Hand liegen, vgl. Carl Dahlhaus, Motivbeziehungen
– real oder fiktiv?, in: Melos/NZ, 4. (45./139.)
Jg. (1978), H. 6 (Nov./Dez.), S. 476.
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Zum einen handelt es sich
um Musik, die mehrmaliges Hören desselben Werkes, ja letztlich auch Kenntnis
der Noten zu ihren ästhetischen Voraussetzungen zählt, zum anderen
ist – zumindest wenn man die weitere Entwicklung der europäischen
Kunstmusik bis hinein in die Moderne als für die aktuelle Rezeption älterer
Musik bedeutsam hält – dem Hörer ein Verständnis für
submotivische und Keimzellen- oder Urmotivanalyse zugewachsen, das sich nicht
auf die unmittelbare Hörbarkeit von Beziehungen allein vereidigt. Weiters
sind die Bezugspunkte dieser
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