- 87 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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bewahrenswerten) deutsch-österreichischen Tradition verwiesen wird; und dazu zählt selbstverständlich wiederum die 2. Wiener Schule – mit dem Bekenntnis zur Reihentechnik, der Eisler ein durchaus antifaschistisches Potential attestierte. Alle kritische Distanz der 20er Jahre scheint – zumindest temporär – suspendiert.

Für die Eisler-Philologie ergibt sich nun ein Bündel von (noch) offenen Fragen. Die Tatsache, dass auf den Palmström (und damit auch den Pierrot) zurückverwiesen wird, sowohl mit der Besetzung – Stimme und Piccolo fehlen, Klavier kommt hinzu – als auch mit der Wiederverwendung der Palmström-Zwölftonreihe, lässt darauf schließen, dass Eisler hier einen Anknüpfungspunkt sucht und findet, der auf seine eigene Geschichtlichkeit zielt.

Tatsache ist, dass das Regen-Quintett als autonome Kammermusik 1944 Arnold Schönberg in Los Angeles zum 70. Geburtstag gewidmet und damit bewusst in die Reihe der »Geburtstags-Kompositionen« der drei Haupt-Schüler gestellt wurde: Bergs Kammerkonzert 1924 zum 50., Weberns Konzert op. 24 1934 zum 60.

Bedeutet das nun, dass Eisler bereits 1941 eine Filmpartitur planmäßig auf ein solches Ziel hin konzipiert hat? War eine mögliche (versöhnliche) Wiederbegegnung mit dem Lehrer zumindest einer der Beweggründe? War das einleitende »Anagramm«, das die »korrekte« Reihenfolge der 12 Reihen-Töne der Grundgestalt ja bewußt zu Gunsten der Tonbuchstaben-Codierung A D S C H B G vertauscht, bereits 1941 originärer Bestandteil der Komposition oder wurde es 1944 nachkomponiert?

In der Partitur wird von Nr. 1 (Anagramm) bis Nr. 15 (ohne Titel) durchgezählt. Also: »15 Arten«? Ist der einleitende anagrammatische ARNOLD die »fünfzehnte Fee«? Immerhin ist die Zahl 14 musikgeschichtlich höchst bedeutend als BACH-Zahl (lateinisches Zahlen-Alphabet; Summe aus a = 1, b = 2, c = 3 und h = 8), und die monogrammatische BACH-Tonbuchstaben-Codierung spielt in der Konstruktion der Reihe eine eminente Rolle. Die Idee, das »Anagramm« könne das »Thema« für die folgenden 14 Variationen sein (so Manfred Grabs im Nachwort zur Regen-Partitur der Edition Peters, Leipzig), muß verworfen werden: »Thematisches« im Sinne einer rhythmisch-diastematischen (oder auch harmonisch-klanglichen, satztechnischen, gestischen) »Setzung« geschieht erst in der Nr. 2, der »Introduktion«, aus der dann die variativen Konsequenzen gezogen werden.

Hatte Schönberg, um der unheilschwangeren 13 als Gesamtzahl der Buchstaben von Moses und Aron zu entgehen, auf das zweite »A« von Aaron verzichtet, so hat Eisler offensichtlich auf die Mit-Zählung des »Anagramms« verzichtet, um – zumindest im Titel des Werks! – auf die ominöse BACH-Zahl zu kommen. Oder


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