- 86 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Verse Christian Morgensterns gegenüber; und denen kam im Kontext des Schönberg-Kreises noch eine besonders zugespitzte Bedeutung zu, da alle die ironisierten Tendenzen in diesem Zirkel noch als eherne Grundlagen des Musik-Denkens und Musik-Fühlens galten:

in eleganter Leichtigkeit – dem Dadaismus oft recht nah – wird bei Eisler gefochten

  • gegen schopenhauerisierend-wagnerisierende Kunstreligion (Venus Palmström),
  • gegen magische Fetisch-Charaktere von Kunst (Notturno-Groteske),
  • gegen freischwebende Kunst ohne soziale und politische Basis (L’art pour l’art);
  • auch die eigene Position wird ironisiert (Galgenbruders Frühlingslied – die sich anbahnende Loslösung des »Abtrünnigen« vom Schönberg-Kreis artikuliert sich, und außerdem gibt es den direkten Bezug zum »Galgenlied« aus dem Pierrot );
  • das kabarettistische »Couplet von der Tapetenblume« schließlich absurdisiert die Mysterien der Reihentechnik.

Zweifellos spielt für diese spezifische Schönberg-Huldigung (die aus gutem Grund nicht dem Verehrten gewidmet ist und bei ihm dann auch auf äußerstes Missfallen stieß) die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass 1924 zum 50. Geburtstag Schönbergs zahlreiche Publikationen und auch Kompositionen entstanden, unter ihnen – als die bedeutendste – Bergs Kammerkonzert. Hier spielt das Verfahren der Codierung von Tonbuchstaben (als ein Element von musikalischer Semantisierung) eine Rolle, die auch für Eislers Palmström und die späteren 14 Arten den Regen zu beschreiben von Bedeutung ist.

Die Regen-Musik entstand im Sommer 1941 als Teil des – von der Rockefeller Foundation finanzierten – Film Music Project und wurde am 18. 11. 1941 im New York abgeschlossen, unmittelbar vor Eislers Übersiedlung nach Hollywood im April 1942. Sie ist vorläufiger Endpunkt einer Reihe experimenteller Film-Partituren, die erstmals in der Geschichte dieses Genres u. a. die Dodekaphonie konsequent einsetzten. Die Komposition ist, wie fast alle diese Werke, doppelt begründet:

  • zum einen als ein Stück autonomer, »absoluter« Musik, deren Gestalten und besonders Verfahrensweisen aber ihr zugleich funktionales Potential anhaftet,
  • zum anderen als heteronom-funktionale Musik zu Joris Ivens Experimentalfilm Regen, der bereits 1929 in Amsterdam als Stummfilm entstanden war.

Insgesamt ist es für den Eisler des USA-Exils charakteristisch, dass fast demonstrativ wieder auf die eigene Zugehörigkeit zur großen, zur (gegen alle Barbarei


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