ihm.«
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Auszugsweise Abschrift aus dem Schreiben der Reichsleitung der Nationalsozialistischen
Arbeiterpartei – Der Beauftragte des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen
und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP – Amt Musik – vom 22. Juni
1944, BArch, R 56 V/28, Bl. 12. Über die Rolle des Musikwissenschaftlers Dr. Herbert Gerigk
im Amt Rosenberg und seine weitere Existenz nach dem Krieg in der BR Deutschland s. de
Vries (1998), vor allem S. 43–48.
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Drei Tage zuvor und sieben Tage nach der Preisverleihung hatte sich Dost direkt an
Goebbels gewandt, um den »Herrn Reichsminister« um »nachträgliche Zustimmung« zur
Preisvergabe zu bitten und dabei auch die Gründe für sein Versäumnis ausführlich
darzulegen. Infolge der Ausschreibung hätten sich in diesem Jahre zwölf (in einem anderen
Brief
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Dost an Johst vom 3. Juli 1944. BArch, R 56 V/28, Bl. 9.
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schrieb er 14) Bewerber gemeldet, unter denen sich jedoch keiner befand, »der würdig
gewesen wäre, diesen Preis zu erhalten«. Da die Konsultationen der Beiräte
kriegsbedingt erst kurz vor dem bereits anberaumten Termin zur Preisvergabe hätten
stattfinden können, habe man eilig entscheiden müssen. Einhellig sei man zu der
Auffassung gelangt, daß »gerade jetzt im 5. Kriegsjahre aus allgemeinen politischen
Gründen eine Vergebung [!] des Preises erfolgen müßte.« Weil aber schon im
letzten Jahr Hans Pfitzner als Preisträger in Aussicht genommen worden war,
hätten sich die anwesenden Beiräte seinem, Dosts, Vorschlag angeschlossen,
diesen Künstler, der einer der »bedeutendsten Komponisten und Musiker der
Gegenwart« sei, diesmal zu ehren; zudem habe Pfitzner »in einer Zeit, in der es Mode
war, den jüdischen Kulturbolschewismus mitzumachen, tapfer und aufrecht
dagegen« gekämpft. So habe er, versicherte Dost dem Minister, in »sinngemäßer
Anwendung Ihrer Anordnung, wonach bei der Vergebung von Musikpreisen vorher
Ihre Zustimmung einzuholen ist« dahingehend gehandelt, als daß seitens des
Propagandaministeriums im Falle Pfitzner zweifellos keinerlei Bedenken hätten bestehen
können, zumal der Minister selbst den Komponisten noch kürzlich offiziell geehrt
habe.
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Dost an Goebbels vom 19. Juni 1943, BArch, R 56 V/28, Bl. 14 f.
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Doch darum ging nicht, und so einfach war die Angelegenheit nicht zu bereinigen. Hier
ging es um grundsätzliche Verfahrensweisen, um die Wahrung von Autorität
und Einfluß. Eine Woche nach diesem Brief teilte der 2. Vizepräsident und
Vertreter des Propagandaministeriums in der DRSG Oberregierungsrat von
Borries dem Oberbürgermeister mit, daß er sein Amt niederlege. Abgesehen
von der Frage der Genehmigung durch das Ministerium echauffierte sich
v. Borries darüber, daß der Musikpreis verliehen worden sei, ohne ihn in
seiner Eigenschaft »als 2. Vizepräsident in irgendeiner Form darüber zu
unterrichten.«30
v. Borries an Dost vom 26. Juni 1943. BArch, R 56 V/28, Bl. 11.
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Tags darauf ließ denn auch Goebbels den Oberbürgermeister mit klaren Worten
maßregeln. Der Leiter der Abteilung Musik im Goebbelschen Hause, Generalintendant
und Generalmusikdirektor Dr. Heinz Drewes, teilte ihm mit, daß die eigenmächtige
Preisvergabe »auf das schärfste mißbilligt« werde. Das sei nicht gegen Pfitzner gerichtet;
aber – so sei Dost »vertraulich mitgeteilt« – nach den zahlreichen Preisen und Aufträgen,
die dem Komponisten bereits zuteil geworden