Wilhelm war unbeweibt geblieben und wohnte, als er fünfzig zählte, in einigen Zimmern
des neu errichteten Seitenflügels des Palastes, in die ihn der Nachfolger von Johann
Käsehart, Johann Augustus Wurstart Friedrich, mit anderen höheren Bediensteten
seines Hofes eingewiesen hatte. Sein Bein war nun ganz unbeweglich, und er bereitete ein
neues Werk vor, welches er in französischer Sprache abzufassen gedachte, um damit auch
der Kommission in Fontainebleau seine Aufwartung zu machen und sich damit für den
Fall des Ablebens seines kaiserlichen Schutzherrn im Auslande einen Namen zu machen,
und zwar unter dem Titel:
Pointillisme musical ou: Le son dans l’océan symphonique exemplifié par les plus grands
œuvres réduits au minimum absolu
Da trat wiederum der Teufel zu ihm und sprach:
»Gib mir nun deinen wahren Namen, Wilhelm Altmann, und dein Bein wird ganz
gesund.«
Wilhelm blickte lange Zeit auf sein angefangenes Manuskript.
»Nein«, antwortete er dann.
»Der Kaiser, dein Beschützer, ist in diesem Augenblicke tot. Deshalb bin ich hier«, sagte
der Teufel. Wilhelm erschrak ins Herz hinein. Der Teufel aber ergriff nicht nur die
goldene Krücke, welche am Tische lehnte, sondern brachte auch den hölzernen alten
Stock, dessen Versteck hinter dem Kleiderschranke er ohne Besinnen erraten hatte, an
sich. »Nun entscheide dich!«, fuhr er danach fort. Wilhelm schauderte zusammen. Der
neue Kaiser Rothschild war als Feind der Imaginations-Lehre landauf landab bekannt
und hatte bereits früher schon zum Kummer seines Vorgängers öffentlich bekundet, er
könne zwar leider Wilhelmen die zugesagte lebenslange Rente nicht beschneiden, doch er
werde diesen Lakonismen ein Ende bereiten, indem er deren Urheber aus dem Reiche
verbannen werde. Er könne dann ja dem Franzmann oder den Polen seine Wunderwerke
vorgaukeln.
»Gut, abgemacht«, sagte Wilhelm schließlich, und der Teufel verschwand unter
höhnischem Gelächter. Wilhelm erhob sich ächzend, aber zu seinem Entsetzen trugen
seine Beine ihn mühelos durchs Zimmer. Was sollte nun aus seiner Theorie werden, da
einem kompletten und notenreinen Pedalspiel nichts mehr im Wege stand? Und wie
sollte er seinem fürstlichen Herrn das Abhandenkommen der wertvollen Krücke erklären,
ganz zu geschweigen seines leichtfüßigen Ganges?
Wilhelm zeigte sich tagelang nicht auf der Gasse, ließ verbreiten, er sei erkrankt,
sorgte, daß das Orgelspiel von dem neuen Accessisten versehen werde, und schloß
sein Werk auf jene lakonische Art ab, mit der er vordem im Pedalspiele sich
bekannt gemacht hatte. Als es nach Wilhelms Tod erschien, maß es gerade