drei
Seiten, »für eine Abhandlung zu wenig, für einen Aphorismus zu viel«, wie
der Fürst herablassend bemerkte, dem das Werk zu seinem Unmut gewidmet
war.
Bei Nacht und Nebel verließ Wilhelm die Stadt und hastete bei Mondlicht ohne Stock
behende in das Waldgebirge. Dort soll ihn noch in der gleichen Nacht der Teufel gerufen
haben. Seither sagen die Leute, wenn sie in dieser Gegend unterwegs sind und der
Kuckuck ruft, dies sei Wilhelm, der den Chor, welcher heute unter dem Titel »Tochter
Zion, freue dich« bekannt ist und von dem berühmten H. . . in L. . . stammt, in die Gestalt
seiner Pedalsoli gebracht habe. Die Kinder aber, wenn sie Weidenstöcke schneiden,
nennen diese »Wilhelm-Stöcke.«
Wilhelmen seinen Namen zu rauben, ist dem Teufel gelungen, nicht aber, diesen aus der
Erinnerung der Nachfolgenden zu löschen. Die Eulenburg-Taschenpartitur Nr. 405 ist
hierfür ebenso Zeugnis, wie es die übrigen schon benannten bibliographischen Werke
Wilhelm Altmanns sind. Dieser muß nun in der Hölle ohne Ende die Orgelwerke
seines musikalischen Abgottes B. . . spielen, und dies auf der Feuerorgel, die
gesamte Peters-Ausgabe von Band I an bis hinauf zu Band IX und wieder von
vorne.
Der alte B. . . , als er dieses Dauer-Martyrium hörte, sprach zu dem neben ihm an eine
Wolke gelehnten und ebenfalls lauschenden Jesus Christus: »Kann man, mit
Verlaub, Majestät, dieses teuflische Geleier nicht abstellen?« »Mitnichten, mein
Guter!«, antwortete jener. »Auch mein Papa ist da machtlos. Nun kommen
die Folgen deines lebenslangen Fleißes auf dich zurück. In Altmanns irdischer
Version hätten die ganzen neun Bände nicht mehr Töne gehabt, als sie das
Girl of Ipanema insgesamt hat. Aber nun hat Bruder Mephisto ihm wieder ein
gesundes Bein gemacht, und er muß alles in Ewigkeit so spielen, wie du es in
deinem nie versagenden Eifer geschrieben hast. Das sind seltene Leute, die sich so
beschränken können, wie er das konnte. Und sie müssen dann auch noch dafür
büßen. Du hättest es ja auch bei einem Band belassen können. Eigentlich müßte
das System geändert werden, und du solltest derjenige sein, der alles immer
von Neuem abnudeln muß. Aber solange das System so ist, wie es ist: Tut mir
leid, Herr Organist, Konzertmeister, Kapellmeister, Musikdirektor, Kantor,
kurfürstlich-sächsischer und königlich-polnischer Hofcompositeur außer Diensten, nichts
zu machen!«
Und damit ging er in die Music-Hall, um den inzwischen ebenfalls eingetroffenen Jobim
zu hören.