- 416 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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und war durch die noch festlich geschmückten Straßen davongeeilt, nichts bei sich als sein Felleisen.

Der vor Zorn schäumende Fürst ließ ihn alsbald von seiner Leibwache suchen und verfolgen, jedoch konnte man seiner zunächst nicht habhaft werden. Des Morgens aber wurde er von den Hunden der fürstlichen Jäger in einem Gebüsch des Waldgebirges aufgespürt und in Ketten nach A. . . zurückgeführt. Der Fürst riß ihm erregt den Orden vom Rock und enthob ihn seines Accessisten-Amtes, ließ ihn sodann in den Kerker werfen, wo er durch ein Fenstergitter, vom Volk als »Quinten-Willi« verspottet, lange Tage und Nächte schmachten mußte, während ein Bericht an die Kaiserliche Kommission abging, enthaltend die furchtbare Akkordfolge und ihre verderbliche Wirkung.

Wie erstaunte man aber, als nach zweien Wochen ein Kaiserlicher Abgesandter eintraf, über das Vorgefallene Genaueres in Erfahrung zu bringen. Man habe nämlich in der Kommission zu Wien außer den Quinten nichts Anstößiges befunden und schlage vor, lediglich eine Umstellung vorzunehmen mit dem h im Basse und dann f, as und des darüber, wodurch eine fehlerfreie harmonische Progression zu erlangen sei. Der Kaiser selbst habe höchste Unterstützung für dieses Unternehmen angezeigt und für die Umstellung des Basses eine beträchtliche Summe aus seiner Schatulle bereitgestellt. Im übrigen sei selbst die Fehlerhaftigkeit der Quinten bei vernünftiger Beurteilung ihrer möglichen Begründungen nicht mehr länger einwandfrei zu behaupten, wie die Ergebnisse der dies betreffenden Preisfrage belegten, nachzulesen im Vierten Teile des Anderen Bandes der Zeitschrift von Lorenz Mizlers Societät der Musikalischen Wissenschaften.

Nun war der Reichsfürst Johann Wismut Käsehart Friedrich weit davon entfernt, seinen Zorn zu dämpfen. Jedoch mußte er sich fügen und Wilhelmen frei lassen, welcher, um Unruhen zu vermeiden, in einer geschlossenen Kutsche mit dem Abgesandten sogleich nach Wien fort geführt wurde. Hier ward er freundlich aufgenommen, in der nächsten Session der Kaiserlichen Kommission mit Wohlwollen vorgestellt und, nachdem er die Akkorde ausführlich dargestellt hatte, gebührend gefeiert und erneut mit dem übermäßigen Quinten-Orden ausgezeichnet. In der folgenden Redoute wurden denn auch beim Balle auf höchste kaiserliche Weisung die beiden Akkorde, der Quark-Kümmel-Akkord und jener zweite, dessen Herkunft Wilhelm seinem eigenen Ingenium zugedichtet hatte, zugleich und miteinander aufgeführt, welches ein fremdartiges und ungewohntes Zusammenklingen ergab, aber im Unterschied zu jenen Vorfällen in Käseharts Residenz hier zur allgemeinen Bildung und Zerstreuung der allerhöchsten Herrschaften beitrug. Der Kaiser lachte anerkennend und ließ Wilhelm kommen. Nachdem sich dieser in tiefstem Respekt verneigt und in ausgesuchten Worten für die hohe Gnade der Akkordvorführung gedankt hatte, ließ sich der Kaiser


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