Wilhelm Altmann – wer kennt ihn nicht als denjenigen, der das Vorwort zur
Eulenburg-Taschenpartitur Nr. 405 schrieb, herausgegeben von Max Unger, oder als
Verfasser der berühmten Werke
Orchester-Literatur-Katalog,
Handbuch für Klaviertriospieler,
Handbuch für Klavierquartettspieler,
Handbuch für Klavierquintettspieler,
Führer durch die Violin-Literatur,
Literaturverzeichnis für Bratsche und Viola d’amour,
Verzeichnis für Klavier 4- und 6händig
oder des
Taschenbüchleins des Musikers?
Doch all das sind Früchte einer späteren Zeit, als er bereits über alle Kontinente berühmt
war und vom einstmaligen Prinzen, dem Sieger des Wettbewerbes von W. . . , nunmehr
aber regierenden Fürsten des Landes, mit dem übermäßigen Quinten-Orden
ausgezeichnet worden war. Dieser weise Fürst und nachmalige Schirmherr so vieler
sinnreicher Einrichtungen, der in alle Hinkunft hoch zu ehrende Johann Wismut
Käsehart Friedrich, war eben zu jener Zeit, von der wir berichten und während derer der
junge, hoffnungsvolle Wilhelm Altmann – weiterhin ohne Kenntnis seines Nachnamens –
in seiner Eygelbschen Studierstube über dem baumbesäumten Gottesacker hinter dem
Münster seinen harmonischen Experimenten nachging, im Begriffe, auf einer
Inspektionsreise durch sein Land auch das ihm wohlbekannte Städtchen W. . . zu
besuchen. Diese Nachricht traf die Bewohner wie ein Blitz aus dem heiteren
Himmel, und auch der junge Forscher wurde von einem Teile dieser Kraft aus dem
Sitz gehoben. Da gab es nur eines: Dem Herrscher die Lösung vor die Füße zu
legen, der binnen nur dreien Tagen die Tore durchschreiten würde und selbst
schon bei jenem denkwürdigen Wettbewerbe einige, wenn auch noch nicht die
entscheidenden Schritte, die Wilhelm zu gehen im Begriffe war, vorangewandelt
war.
Wilhelm bemerkte nur am Luftzuge, der seine gedankenheiße Stirn kühlte, daß jemand
in die Kammer getreten war. Es war der alte Eygelb, der auf Zehenspitzen, das Licht in
der Hand, zu ihm trat und ihm ohne ein Wort über die Schulter schaute. Auf dem
Papiere hatte Wilhelm bereits ein g und ein h hingesetzt. »Brav!«, murmelte der Alte
und legte seine Hand kurz und mit festem Druck auf Wilhelms Arm. Dieser sann nun
lange nach, und nur das kratzende Geräusch durchbrach die Stille, welches die Hand des
Zuschauers hervorrief, wenn sie über die Bartstoppeln fuhr. Wortlos zog er nun ein
gerade eben erst gefertigtes, über die Maßen herrliches und wohl nur ihm gelingendes
Rastral von lombardischen Degenstahl aus dem Wams und legte es Wilhelmen
vor die Augen. »Probier’ Er’s einmal im Altschlüssel. Da erblickt Er’s wie in
einem Brennspiegel, worum’s geht und wie’s zu lösen sei«, riet er flüsternd.
Und richtig: Wie Wilhelm das meisterliche Rastral benutzt und den genannten
Schlüssel, sodann die