- 398 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Musik eröffnet »eine unersetzbare, durch kein anderes Medium zu gewinnende Erkenntnis und Erfahrung von unserer natürlichen und sozialen Umwelt«24
24
Gibson zit. nach Hermann Josef Kaiser, Musikerziehung/Musikpädagogik, in: Lexikon der Musikpädagogik. Sachteil, hg. von Siegmund Helms, Reinhard Schneider u. Rudolf Weber, Kassel 1994, S. 177.
. »Die Aneignung unserer Welt erfolgt ganz wesentlich über die Aktivität der Sinne. Diese Sinne liefern im Erkenntnis- und Erfahrungsprozeß je spezifische Informationen, die durch keinen anderen Sinn gewonnen und daher durch ihn auch nicht ersetzt werden können.«25
25
Ebenda.

Die sprachliche Kommunikation über Musik ist also auch eine Auseinandersetzung mit dem eigenen sinnenhaften Erleben beim Musikmachen und Musikhören. »Sprechen über Musik als ästhetisches Phänomen ist die Voraussetzung für das Nachdenken über Musik.«26

26
Gunther Diehl, »...in einem Heißluftballon über die Welt schweben«. Zum Thema »Sprechen über Musik« im Unterricht der Orientierungsstufe, in: Musik und Bildung, 28. (87.) Jg. (1996), H. 3 (Mai/Juni), S. 8–13, hier S. 8.
Nach Eggebrecht wird in einem transformatorischen Prozess, indem wir über Musik reden, »das ästhetisch Erkannte auf die Ebene der Sprache«, ins »begrifflich Erkannte« übertragen27
27
Hans Heinrich Eggebrecht, Musik verstehen, München 1995, S. 130.
. Nur durch sprachliche Verarbeitung und Verständigung können die individuelle Begegnung mit und persönliche Betroffenheit durch Musik bewältigt und damit Erkenntnisse über sich selbst gewonnen werden.

Helmuth Plessner hat bereits 1951 Musikalität definiert als »das Vermögen, Herr seines eigenen Mitgenommenseins durch die Töne zu sein«28

28
Helmuth Plessner, Zur Anthropologie der Musik, in: Jahrbuch für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 1951, Stuttgart 1951 [hier zit. nach Dankmar Venus, Unterweisung im Musikhören, Wuppertal 1969], S. 120.
. Dankmar Venus modifiziert diese Aussage und formuliert sie zu einem Ziel des Musikunterrichts um: »Mitgenommensein durch die Töne und doch zugleich nie die Herrschaft über das Mitgenommensein zu verlieren, erscheint daher als eine [. . . ] Höreinstellung, der die unterrichtlichen Bemühungen gelten sollten.«29
29
Venus, a. a. O. (s. Anm. 28), S. 47.
Dies ist freilich nur möglich durch Wissen über Musik, ihre Struktur und ihre Wirkungen. Der Weg führt wiederum über die Sprache.

Schüler – und auch noch Studenten – befürchten oft, dass sich die intellektuelle Auseinandersetzung mit Musik negativ auf das eigene musikalische Erleben und Gestalten auswirkt. Empirische Studien und mit zunehmender Übung auch die eigene Erfahrung belegen hingegen, dass das Gegenteil der Fall ist. Man hört nur, was man weiß, und dass das Urteil über eine Musik mit wachsender Vertrautheit positiver ausfällt, ist ebenfalls ein durch empirische Studien abgestütztes Faktum.


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