Team.
Sie repräsentieren als Rollen wie als reale Personen charakteristische deutsche
Endzeiten. Die Musik nähert sich nicht dem modischen Tango nuevo (obwohl der
DEFA-Film ihn durchaus gelegentlich einsetzt, s.o.), sondern erinnert an die
Tangos der deutschen Problemphasen vor dem 2. Weltkrieg. Der »Tango für
Paule« scheint auch die Situation zu spiegeln, in der sich das DEFA-Team
und sein Filmkomponist wohl gefühlsmäßig befanden: Endzeit, Sarkasmus,
Trauer, aber auch Angst (Günther Fischer wird später als Stasi-Spitzel
enttarnt)
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Der Schauspieler Manfred Krug berichtet davon in einem offenen Brief an seinen früheren
Freund Günther »Günnie« Fischer für den SPIEGEL.
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Was die Milonga und den Tango Vals neben ihrem etwas flotteren Tempo vom
klassischen argentinischen Tango auf der affektiven Ebene unterscheidet, kann wohl dem
Gefühlsraum »Freude« zugeschrieben werden, der bei diesen Tango-Arten stets recht
deutlich zum Ausdruck kommt. Ein rarer Fall eines Tangos, der, obwohl er dem Tonfall
der klassischen Tangomelancholie folgt und ohne seinen filmischen Kontext vielleicht den
charakteristischen Tango-Gefühlstopoi von Leidenschaft, Melancholie, Depression, Wut
oder Trauer zugewiesen werden könnte, erklingt in Kieslowkis DREI FARBEN WEISS
(1993)70
DREI FARBEN WEISS, R: Krzysztof Kieślowski, M: Zbigniew Preisner, F/POL/CH 1993.
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Hier kommt es zu einer interessanten Kontextualisierung des an mehreren Stellen
wiederkehrenden Tangos: er entfaltet sich zu einem prägnanten Ausdruck
von Freude - obwohl der Tod doch recht nahe weilt. Der Tango, für den
der Filmkomponist Zbigiew Preisner einen der 30er-Jahre-Tangos benutzt
hat
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Jan Petersburski: »Ta ostatnia niedzie a« (= Dein letzter Sonntag), ca. 1930.
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durchzieht den ganzen Film und begleitet den Aufstieg und den Erfolg des von seiner
französischen Frau geschiedenen Karol, der – in Polen zurück – alles vorbereitet, um sich
an ihr zu rächen. Mit seiner unsanften Rückkunft in seiner Heimat auf einer Müllkippe
vermittelt der aus dem Off begleitende Tango durchaus ein Gefühl von Zufriedenheit,
nämlich die Freude über die gelungene Rückkehr. Auch die Ankunft in Karols alten
Friseurgeschäft wird weniger nostalgisch oder melancholisch verklärt, sondern eher
hoffnungsvoll. Ganz besonders spannend gerät eine Sequenz, in der sich Karol mit einem
Freund, den er gerade von einem Selbstmord zurückhalten konnte, auf einer zugefrorenen
Eisfläche euphorisch freut: eine eher seltenes Tangogefühl wird überzeugend
vermittelt.
III Kurzes Fazit:
Der recht unbefriedigenden totalen Fragmentarisierung der alten und neuen Tangokultur
in der Werbung steht eine relativ breite Palette an Tangokontexten im Spielfilm
gegenüber. Keinesfalls gibt es nur aufgewärmte Tangoklischees,