und
sängerisch hysterisch. Gerhard Winklers Italien-Postkarten-Tango verwandelt
sich zu einem schrillen Ausdruck einer höchst verzweifelten Situation für die
Sängerin.
Ein ungarischer Kurzfilm – TANGÓ
(1996)55
TANGÓ, R: Tarek, M: Mari Balogh), Ungarn 1996.
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–
handelt von Schwierigkeiten einer alleinerziehenden Mutter mit ihrem pubertierenden
Sohn. Nachdrücklich versucht sie, seine harmlosen Treffen mit einem Mädchen auf dem
Spielplatz zu verhindern. In einer zentralen Sequenz beobachtet der Sohn von Eingang
einer Kellerkneipe her die Auseinandersetzung eines Mannes (seines Vaters?) mit der
Mutter. Der Streit endet in einem Tanz: ein von Verzweiflung und Kampf der Tänzer
bestimmtes Geschehen. Die Frau hat sich aufgegeben, eng vom Mann umklammert
reagiert sie schließlich apathisch. Nach Abschluss des »Tangokampfes« lässt der Mann
sie einfach stehen und setzt sich wieder zu seinem Bier an einen Tisch. Der Sohn
entwickelt Tötungsfantasien. In dem schroffen, recht ungewöhnlichen Tango von Mari
Balogh, einer ungarischen Jazztrompeterin und Verehrerin Piazzollas, werden
elektronische Klänge mit Geräuschrhythmen konfrontiert, einer der wenigen
Versuche in der neuern Filmlandschaft, dem alten Tangokonzept neue musikalische
Aspekte abzugewinnen. In einem Gespräch mit Mari Balogh über Piazzolla heißt
es:
Die Musik ist traurig, aber nicht hoffnungslos. Gefühle von Eifersucht, Wut,
Verzückung spielen mit. Liebe wird sehr betont in dieser Musik. Heimweh
kommt, wird jedoch mit der Musik
erträglich56
.
Baloghs Tango scheint über Piazzollas Konzept hinauszugehen, er bleibt an seinem Ort
der Verzweiflung und Verlorenheit, Hoffnung bietet wohl der Filmschluss, aber nicht in
der Musik.
Tango und Politik
Dass Tango von seiner Entstehungszeit her stets mit den sozialen und politischen
Prozessen in Argentinien verflochten war, ist bekannt und in neuerer Zeit
gerade durch die Filme von Solanas wieder deutlich zum Ausdruck gebracht
worden57
Vgl. u. a. Donald S. Castro, The Argentine Tango As Social History. 1880–1955, San
Francisco1990; Marta E. Savigliano, Tango and the Political Economy of Passion, Boulder,
Colorado 1995.
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. In
den herausragenden argentinischen Tangofilmen TANGOS – DAS EXIL GARDELS (1985) und
SUR (1987)
58
TANGOS – DAS EXIL GARDELS, R: Fernando E. Solanas, M: Astor Piazzolla, ARG/F
1985; SUR, R: Fernando E. Solanas, M: Astor Piazzolla, ARG 1987.
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werden die politischen Zusammenhänge und Probleme der Tangoszene im Exil während
der Militärdiktatur und in Argentinien selbst mit den maßlosen politischen
Unterdrückungen, Verschleppungen und