und sich endlich
einer großen Aufgabe widmen: der vollen Unterstützung von Georgs politischer Arbeit.
Minna nahm die Rolle der Haus- und Ehefrau sehr ernst und wollte mit und durch
Richard in der Gesellschaft aufsteigen. Umso größer ihre Enttäuschung, als sie von der
gerade erklommenen Stufe zur Gutbürgerlichkeit 1849 wieder herabfiel, weil ihr
Ehemann als steckbrieflich Gesuchter ins Ausland verwiesen wurde. Emma war die
Gesellschaft herzlich gleichgültig; sie wurde zeitweise selber steckbrieflich gesucht. Sie
hatte ihr Leben ganz oben begonnen und fand es dort fad. Aus der ökonomisch
gesicherten Position heraus war es ein Leichtes für diese aufgeweckte, leicht
entflammbare und intelligente junge Frau, sich für die Freiheit des geknechteten
Volkes wo auch immer einzusetzen und für Georg zu schwärmen. Geld war ihr
unwichtig.
Beide stürzten ab, und sie stürzten tief: Minna verlor neben der finanziellen Sicherheit
auch das bürgerliche Ansehen. Emma verlor ebenfalls die finanzielle Basis. Aber für
beide war die Untreue des jeweiligen Ehemannes der härteste Schlag, obwohl beide
seltsamerweise beteuerten, nicht eifersüchtig zu sein.
Die Freundschaft zwischen Emma und Minna begann 1853, als Emma zu Georg nach
Zürich zog. Das Verhältnis wurde lediglich durch die große Armut der beiden getrübt,
die dazu führte, daß Emma immer wieder die so gut wie mittellose Minna um Geld
anging. Aus dem Jahr 1855 hat sich ein Billett erhalten, in dem Emma um ein paar
Francs bittet, die sie sich ausleihen möchte. Für Minna war dies belastend, da
sie mit dem wenigen, das Richard ihr gab, haushalten mußte. Diese Bettelei
drohte zeitweilig sogar, die Freundschaft zu zerstören. An eine Freundin schrieb
sie:
Frau Herwegh sehe ich gar nicht gerne mehr kommen, empfange auch
nicht gerne Briefe von ihr, sie will ewig Geld von mir und reißt es
einen sozusagen aus der Tasche; dabei aber haben sie mehr als wir über
6000 Franc nebst Grobe. Ich weiß mein Geld besser anzubringen als es
in liederlicher Wirtschaft zu vergeuden, sie hat mir schon manchen Fr.
abgeluxt.17
Brief vom 15. 6. 1856 an Mathilde Schiffner (alle Briefe Minnas in Richard
Wagner Nationalarchiv, Bayreuth).
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Daß die bettelarme Minna ihr dennoch etwas abgab, zeigt ein Brief, den Emma ihr 1858
schrieb. Minna hatte nach der Abreise aus dem Asyl ein unangenehmes Erlebnis mit
einem Gläubiger, der ihr das Gepäck nur aushändigte, weil sie Richards Schulden
bezahlte, und Emma kommentierte voller Mitgefühl:
Ein Glück daß du noch so Viel hattest um zahlen zu können,
nachdem Du Dich so ausgebeutelt hattest! Mich durchfuhr es als
ich sie [die Geschichte] hörte: ich dachte gleich: nun ist sie am
Ende in Noth gewesen, denn Du hattest ja noch mit mir getheilt.
Wäre mir dergleichen passiert, ich hätte entweder da bleiben oder
die Sachen zurücklassen müssen. Edle Zustände! ich glaube daß nach
dieser Richtung keine dritte Frau in Zürich ist, die vom Leben so
eingeweiht wurde in diese Art von misèren wie wir Beide – Gute, liebe
Minna!18
29. 9. 1858, in: Richard Wagner Briefe. Die Sammlung Burrell, hg. von John
N. Burk, Frankfurt a. M. 1950, S. 439 f.
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