- 353 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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die d’Agoult-Affäre unbeschadet bestand, hinterließ Herweghs Beziehung zu Natalie bei ihr nachhaltige Blessuren. Die Salons hatten aber ihr Gesprächsthema und der Skandal zog weite Kreise.

In Zürich traf Herwegh mit Wagner zusammen: »Herwegh lebt jetzt hier und giebt mir einen angenehmen umgang«, schreibt dieser am 2. Juli 1851. Von ihm stammt die Empfehlung Schopenhauer zu lesen, was Wagners Denken so entscheidend prägen sollte. Herwegh profitierte seinerseits von den musikalischen Kenntnissen seines Freundes; so führte Wagner auf sein Bitten hin die Ouvertüre zu Tannhäuser auf. Herweghs Haus wurde von deutschen, französischen und italienischen Emigranten besucht. Georg und Richard beschlossen, Ludwig Feuerbach nach Zürich einzuladen, was aber fehlschlug. Die Freundschaft zwischen den beiden Männern schien unverbrüchlich: Er ist »wohl der einzige Mann, dem ich mich bis zur vollsten Sympathie verständlich machen könnte«, schrieb Wagner begeistert13

13
Richard Wagner, Sämtliche Briefe, hg. von Gertrud Strobel u. Werner Wolf, Leipzig 1979, Bd. 4, S. 332.
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Emma setzte nun in Zürich das Leben mit Georg fort und partizipierte an den Treffen geistig interessierter Freunde. Richard und Minna gehörten selbstverständlich zu den Gästen im Hause Herwegh, und so lernten sich die beiden Frauen kennen. Der Kreis um Gottfried Keller, François und Eliza Wille sowie Gottfried Semper traf sich abwechselnd in der einen oder anderen Wohnung. Auch Liszt versäumte nicht, Herweghs zu besuchen, wenn er in Zürich war. Obwohl Minna bei den Gesprächen meist still dabeisaß, verstand sie sich gut mit Emma, und auch Eliza fand sie sympathisch. Wagner wanderte häufig mit Herwegh, einmal kam Liszt hinzu und man trank Brüderschaft aus den drei Quellen auf dem Rütli. Als 1856 Liszt und die Fürstin Wittgenstein nach Zürich kamen, lud das Ehepaar Herwegh sie zu sich auf die Falkenburg auf dem Sonnenbühl ein. Dort versetzte Liszt trotz eines verstimmten Flügels seine Zuhörer gutgelaunt in Begeisterung14

14
Richard Wagner, Mein Leben, hg. von Martin Gregor-Dellin, München 1963, S. 554.
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Herweghs waren auch bei einem großen Fest in St. Gallen dabei, zusammen mit Wagners, dem Ehepaar Wille, Kirchner, Liszt, dessen Geliebte Fürstin Carolyne und Tochter Marie. Dort studierte Liszt mit dem St. Gallener Musikverein zwei seiner Kompositionen ein, und Richard Wagner führte Beethovens Eroica auf. Einen Tag später feierte man den zwanzigsten Hochzeitstag von Richard und Minna im Hause eines vermögenden Kaufmannes, wobei Liszt die große B-Dur Sonate für Hammerklavier von Beethoven vortrug. Später tanzte man zu den Klängen der Hochzeitsmusik aus Lohengrin einen polonaisenartigen Festzug durch die verschiedenen Zimmer, wobei Minna und Richard die Schlange anführten. Dieses Fest wird sicherlich einen Höhepunkt in Minnas Leben dargestellt haben.

1859 war Emmas Vermögen endgültig aufgebraucht, man hielt sich nur noch mühsam über Wasser. Emma übersetzte aus dem Italienischen und verdiente


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