- 351 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Die Unterordnung führte dazu, daß diejenigen, die sie kannten, ihr Handeln guthießen, obwohl es so sehr von der »weiblichen« Norm abwich. Zeitgenossen wie Otto von Corvin akzeptierten sie und empfanden sie als praktischer gesinnt, energischer und unerschrockener denn Georg. Obwohl sie Zigarren rauchte, beim Zug der Legion Hosen und Pistolen trug und öffentlich politische Reden hielt, sah er sie nicht als männermordende Amazone: Für sich fürchtete, für sich sorgte sie nie, nur für ihren Mann [...] trotz des männlichen Mutes fehlte es ihr nicht an den sanfteren Tugenden des Weibes; sie war eine treffliche Gattin und zärtliche Mutter.9
9
Zit. bei Krausnick, a. a. O. (s. Anm. 5), S. 47.

Am 8. 3. 1843 heirateten Georg und Emma, und das Paar zog nach Paris, wo im gleichen Jahr der Sohn Horace zur Welt kam. Dank Emmas reichlicher Mitgift führte man ein großes Haus. Unter den erlauchten Gästen befand sich auch Marie d’Agoult, die frühere Geliebte Franz Liszts. Herwegh trat in intime Beziehungen zu ihr, was Emma in eine Krise stürzte. Immer wieder versuchte sie, mit der neuen, für sie schmerzhaften Situation fertig zu werden und sich die Dinge so zurechtzubiegen, daß sie für sie erträglich wurden: Ich weiß Georg, Du liebst mich wie kein anderes Wesen es im Stande ist, ich fühle, Du mußt mich lieben, weil ich ganz in Dir aufgehe, nichts will als Dich [...].10

10
Zit. bei Krausnick, a. a. O., S. 52.

Für sie war die Liebe zu Georg eine Vorsehung des Schicksals und insofern unzerstörbar. Diese Idealisierung war – sicherlich unbewußt – ein geschickter Schachzug. Klug war es zudem, den Kampf mit der Rivalin aufzunehmen. Sie schrieb ihr kühn: »Da mich mein Georg liebt, dünkt mich, muß auch etwas in mir sein, was Ihnen gefallen könnte«11

11
Zit. bei Krausnick, a. a. O., S. 56.
und sorgte damit sicherlich für erhebliche Irritationen bei der Gräfin. Emmas umsichtiges Verhalten, das sie aus der Überzeugung speiste, aktiv um ihre Rolle als Gattin zu kämpfen, führte wohl auch dazu, daß Georgs Beziehung zu der Geliebten abkühlte und er zu ihr zurückkehrte. Ihr Tagebuch aus dieser Zeit verrät, daß sie am meisten litt, wenn er Mitleid für sie empfand: Sie forderte dagegen, daß ihre Hingabe ernst genommen wurde.

Während Minna sich 1848 mit Richard über seinen politischen Enthusiasmus stritt und ihn vor sinnlosem Aktivismus warnte, riskierten Emma und Georg ihr Leben für die Deutsche Demokratische Legion. Dieser Verband aus Berufsrevolutionären, Ex-Soldaten und Freiwilligen aus verschiedenen Ländern wollte sich den Traum von einer demokratischen Republik diesseits des Rheins endlich erfüllen. An Mut mangelte es Emma wahrlich nicht. Sie trug Hosen, einen breitkrempigen Hut und schnitt sich die Haare ab, so daß sie wie ein Mann aussah; im Gürtel steckten zwei Pistolen und ein Dolch. Klaglos ertrug sie die Strapazen


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