sie sich unterordnete, sollte sie
dann aus dem Dilemma befreien, in das sie durch ihre hohen künstlerischen
Ansprüche geraten war, und gab ihr das Gleichgewicht und die Zufriedenheit, die sie
suchte.
Als der landesweit berühmte Revolutionär und Dichter Georg Herwegh 1842 eine
Rundreise durch Deutschland machte, kam er also wie gerufen. Emma war schon eine
Woche, nachdem sie ihn kennengelernt hatte, mit ihm verlobt. (Auch dies war ein
krasser Gegensatz zu Minna, die sich monatelang nicht für Richard entscheiden konnte
und ihn auch zeitweise verließ.) In dem Augenblick, als Emma sich in ihren
»Herzensbräutigam« verliebte, war von ihren Plänen, Künstlerin zu werden, nicht mehr
die Rede. Im Gegensatz zu Minna, die ihren Beruf trotz allem liebte und es als Opfer
empfand, ihn Richards wegen aufgeben zu müssen, wurden alle eigenen Tätigkeiten
freudig dem Dasein an der Seite eines Mannes untergeordnet. Sie schrieb zwar 1849
selbst eine Broschüre, in der sie die Beteiligung der Legionäre am mißglückten
badischen Aufstand im Frühjahr 1848 aus ihrer Sicht schilderte, aber sie tat das in
erster Linie, um ihren Mann von dem Vorwurf der Feigheit reinzuwaschen,
und nicht um schriftstellerisch zu brillieren. Schrifstellerinnen waren für sie
Blaustrümpfe. Sie hatte die Normen der Zeit verinnerlicht und es wäre ihr nicht in den
Sinn gekommen, an ihnen zu rütteln. Es stand Frauen einfach nicht zu, sich
künstlerisch über Männer zu erheben oder sich mit ihnen auf eine Ebene stellen zu
wollen.
Diese Verinnerlichung ideologischer Überzeugungen zur Frauenrolle steht im
krassen Widerspruch zu Emmas politischen Grundsätzen. Hier betrat sie freudig
Neuland. Sie war vom Freiheitsgedanken beseelt. Wenn Völker nach der Freiheit
strebten, wie in Frankreich, Deutschland, Polen oder Italien, entflammte sie
augenblicklich.
Nicht nur der Männer bedarf unsere Zeit, sondern auch der Frauen. Frauen,
welche dem Manne nachfühlen die ganze glühende Sehnsucht nach Freiheit.
[...] Wir wollen vereint die Blitze in die Welt schleudern, ach, und ich will
ihnen beweisen, was eine Frau tun kann, wenn sie ihr eigen Ich beiseite
setzt.7
Zit. bei Krausnick, a. a. O. (s. Anm. 5), S. 28.
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Ihre Phantasien waren gewalttätig:
Hätte so vor meiner Scheibe das russische Gouvernement samt Nicolas
gestanden, piff paff, und die Kerls wären in die Luft gesprengt, und der weiße
litauische Adler hätte hoch in den Lüften geschwebt,
schrieb sie nach Schießübungen, zu denen sie ein Freund mitgenommen
hatte8
Zit. bei Gordon A. Craig, Geld und Geist. Zürich im Zeitalter des Liberalismus 1830–1869,
München 1988, S. 211.
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Das eigene Ich wurde der Idee und damit auch dem Mann aufgeopfert – nicht verstanden
als damals übliches Insignium von bürgerlicher Weiblichkeit, sondern im Feuer der
Idee.