- 333 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Sofern man auch Friedrich Hölderlins späte Dichtungen als Ausdruck romantischen Geistes spezifischer Prägung akzeptiert, kommen zwei wichtige Werke dazu:
  • Kammermusik 1958 für Tenor, Gitarre und acht Soloinstrumente über die Hymne In lieblicher Bläue;
  • Das Finale der Siebten Symphonie als instrumentalmusikalisches Poem über das Gedicht Hälfte des Lebens.

Indirekt auf die Geisteswelt der Romantiker bezogen sind Henzes zahlreiche Shakespeare-Adaptionen, denn Shakespeares Werk ist erst durch die Übersetzungen der Romantiker Friedrich Schlegel und Johann Ludwig Tieck im deutschen Kulturraum verbreitet worden. Unter Henzes Werken wären das Zweite Klavierkonzert mit dem Sonett 129, die Royal Winter Music in Form zweier Sonaten für Gitarre solo über Charaktere aus Shakespeares Dramen, zwei Sätze aus dem 2. Cellokonzert Liebeslieder mit dem unterlegten Sonett 128 und einem Gedicht aus As you like it, die Achte Sinfonie über drei Szenen aus A Midsummer Night’s Dream und die Oper Venus und Adonis mit Anleihen bei Shakespeares Versepos Venus and Adonis zu nennen.

Einen Sonderfall bildet auch Henzes 3. Klavierkonzert Tristan-Preludes von 1973, in dem die musikalische Hoch- und Spätromantik durch den Bezug auf Richard Wagner, aber auch auf Chopin und Brahms Gegenstand einer künstlerischen Auseinandersetzung ist.

Am Beispiel von Henzes Shelley-Vertonung möchte ich jetzt etwas genauer zeigen, wie die kompositorische Reflexion eines Komponisten des 20. Jahrhunderts über ein Dichtwerk des frühen 19. Jahrhunderts zu einer Musik führt, die alle Merkmale unserer Zeit hat und doch mit der Vergangenheit kommuniziert.11

11
Dieser Teil des vorliegenden Textes beruht auf dem Manuskript meines Vortrages, den ich am 28. 6. 2001 auf dem Internationalen Henze-Kongreß in Hamburg gehalten habe. Die Langfassung des Referats wird in Bd. 20 des Hamburger Jahrbuchs für Musikwissenschaft 2003 erscheinen.

Shelley schrieb die aus fünf Sonetten bestehende Ode12

12
Vgl. die zweisprachige Wiedergabe der Westwind-Ode am Ende dieses Beitrags.
1819 in Florenz, wohin er ein Jahr vorher übergesiedelt war und wo er bis zu seinem Unfalltod 1822 lebte. Die Grundidee von Shelleys Ode an den Westwind beruht auf der gleichnishaften Beschreibung der mit dem Westwind verbundenen Naturphänomene und deren Übertragung auf die geistigen und politischen Verhältnisse in der menschlichen Gesellschaft. Shelley imaginiert den Westwind als Herbststurm, der alles Lebendige in den Winterschlaf treibt, aus dem es, gerufen vom Klarinenklang des Frühlingswindes, zu neuem Leben geboren wird. Die fünf Sonette, aus denen sich die Ode zusammensetzt, sind auf das Ende hin angelegt. Die letzten Worte lauten: “O, Wind, / If Winter comes, can Spring be far behind?” –

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