Luigi Nono Platz
genommen. Kaum waren die ersten Takte erklungen, an denen erkennbar ist, daß
weder der Stil Anton Weberns noch die punktuelle Musik der 1950er Jahre
zu den Vorbildern der Partitur gehören, erhoben sich die ,drei Promis‘ und
verließen demonstrativ den Saal. Henze war offenbar in eines der Fettnäpfchen
getreten, die in diesen Jahren der vorgeblichen Gewißheit über den richtigen
Weg der Neuen Musik überall auslagen. Schon der Titel des Werks berührte
Tabus: »Nachtstücke« hatten doch die Romantiker geschrieben, und »Arien«
gehörten in die Opernhäuser, die Boulez – damals! – am liebsten in die Luft
gesprengt hätte. Wenn Henze in seiner Replik von 1959 nun auf jene anspielt, »die
über Fetischen und technologischen Details das Eigentliche vergessen«, dann
wird er die Theorie- und Techniklastigkeit der Darmstädter Avantgardisten
einerseits und den Verlust von musikalischer Ausdruckskraft andererseits gemeint
haben. Und zu den Fetischen der Moderne dürfte er die wahnhafte Vorstellung
gerechnet haben, Musik könne und müsse stets neu sein und alles Vergangene
hinter sich abschneiden. Demgegenüber vertrat Henze an derselben Stelle diese
Auffassung:
Wir sind in unserer Arbeit nicht durch die Vergangenheit belastet. Durch
unsere Arbeit beeinflussen wir das Vergangene, sich dem Heutigen anders
darzustellen als dem
Gestrigen.10
Hiermit ist der Schlüssel gefunden, mit dem auch die Bedeutung der Romantik für das Schaffen Henzes erschlossen werden kann. Henze ist kein Romantiker des 20. Jahrhunderts. Aber in seiner Musik wird die Romantik auf vielfältige Weise thematisiert. Ein flüchtiger Durchgang durch sein Werk mag zunächst derartige Spuren der Romantik aufzeigen. Romantische Texte bzw. Stoffe liegen folgenden Werken Henzes zu Grunde:
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