- 293 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Schlußbemerkung zu Beethoven: Wer möchte, kann die durchführungsartigen Elemente der Takte 28 ff. wiederfinden im anschließenden, codaartigen Formteil. Daß Durchführung und »Coda« ähnlich gestaltet werden, ist für den Komponisten, besonders für dessen mittlere Schaffensphase typisch.

4. Quintfallsequenzenfall: Der erste Satz der A-Moll-Sonate von Mozart; zugleich ein Fall von Beinahe-Quintparallelen. Vorangestellt einige Bemerkungen zur Sonata facile

Daß die tonale Sequenz stilgeschichtlich eher der Musiksprache des Barock oder der frühen Wiener Klassik zuzuordnen ist als der Chromatik der Spätromantik, ist bereits angedeutet worden. Dennoch dürfte beispielsweise die rein tonale Quintfallsequenz im ersten Satz von Mozarts C-Dur-Sonate KV 545, die in die Geschichte der Klaviermusik als Sonata facile, als »kleine Klaviersonate für Anfänger«, eingegangen ist, ihre exemplarische Simplizität eines reinen C- bzw. G-Dur und einer nebentonlosen Arpeggierung sich einem didaktischen Aspekt verdanken und weniger einer allgemeinen Einfachheit der Tonsprache in dieser Epoche93

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Anders als in der üblichen Anordnung ist in diesem Sequenzteil die metrische Position der einzelnen Stufen. Gewöhnlich ist die I. Stufe auftaktig zur IV., vor allem um bei einem vollen Durchgang die letzten beiden Akkorde, die Folge V. Stufe - I. Stufe, so einzupassen, daß die schließende Tonika auf der ersten Zählzeit zu liegen kommt. (Zu den Änderungen, die sich durch die ungerade Anzahl von Schritten ergibt, vgl. die obigen Ausführungen zu Take five [S. 276] und über die Lagen [S. 276 bei Anm. 56].) Mozart führt aber die Sequenz insofern noch weiter, als er auf der nachfolgenden Eins die Subdominante der Schlußkadenz folgen läßt (zwar nicht als reine IV. Stufe, sondern als S6, d. h. als II6). Darin ähnelt diese Stelle in gewisser Weise den erwähnten Takten 55 ff. des ersten Satzes der Mondscheinsonate.
. Schon ein kurzer Blick auf den Più Allegro-Teil in der wenige Jahre zuvor entstandenen C-Moll-Fantasie KV 475 mit ihrer modulierenden Quintfallsequenz (Takt 130 ff.) zeigt, zu welcher kompositorischen Komplexität auch in diesem satztechnischen Bereich Mozart in der Lage war, wenn es die Gattungsnorm erforderlich machte. Die ganztaktigen, ausschließlich reinen Quintfälle des Basses G - C - F - B-Es-As-Des berühren in einer jeweils zwei Takte umfassenden Sequenzmotivik mit übergebundenen Sept- und Quartvorhalten sowie Durchgangsnoten in Gegen- und Parallelbewegung nacheinander die Tonarten G-Moll, F-Moll, Es-Moll und Des-Dur, um dann mit einer anderen, auf ein Eintaktmodell verkürzten Sequenzform terzschrittweise über B-Moll und Ges-Dur zu einem Es-Moll-Klang zu gelangen, der als Mollsubdominante mit hinzugefügter Sexte Bestandteil einer umfänglich erweiterten Kadenz in As-Dur wird, das hier allerdings auch nur ein Zwischenhalt in einer großangelegten Rückmodulation zur Adagio-Reprise ist.

Beiden Mozart-Beispielen gemeinsam ist allerdings, daß die Sequenzen Werkabschnitten entstammen, in denen Spielfiguren das musikalische Geschehen bestimmen, und nicht Teilen, die eine thematische Setzungen darstellen. Insofern


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