- 285 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Notenbeispiel 9


Zwar ist die Grundlage wiederum die reale Quintfallsequenz: B7-Es7-As7-Des7-Ges7-Ces7 (weiße Noten), jedoch fügt er zu den chromatischen Linien, die die Septen und Terzen jeweils abwechselnd miteinander in Sopran und Alt beschreiben würden, eine weitere hinzu: die stufenweise absteigende Baßlinie in Ganztonschritten, die sich durch die Abfolge Grundton-Quintton konstruieren läßt, wird dadurch zur chromatischen Linie, daß die Quinten jeweils tiefalterierte sind (schwarze Noten)74

74
Die dritte Zählzeit von Takt 64 ist aus Gründen des Anschlusses nicht als B-Dur-Septakkord mit fehlendem Grundton und tiefalterierter Quinte (fes-as-d) gestaltet, sondern repräsentiert eine Moll-Subdominante (als Sextakkord) zu As-Dur, die durch Vermollung des Des-Dur-Klanges vom Taktbeginn etabliert wird und auf die ein »regulärer« Dominantseptakkord auf Es folgt.
. Die so verschwundenen manifesten Quint-Quart-Schritte des Basses etabliert er dagegen durch Oktavversetzung jedes zweiten Soprantones. (Bei jedem zweiten Akkord läßt er zudem den Grundton weg, so daß es sich um eine alternierende Folge von quintlosen Septakkorden und übermäßigen Sextakkorden handelt.) Daß er ab dem Akkord, der eigentlich ein Ces-Dur-Septakkord mit weggelassenem Grundton und tiefalterierter Quinte sein müßte, eine enharmonische Verwechslung vornimmt, ist eher sekundär. Die Reetablierung der Quintfälle als Quint-Quart-Schritte im Sopran verhindert, daß die Harmonik sich nicht umstandslos auf einen dreifachen chromatischen Durchgang reduziert und seine Nähe zur Quintfallsequenz gänzlich aufgibt.

Auch in diesem Formteil ist ein Blick auf die Motivik lohnend. Da fällt zunächst auf, daß jene Erweiterungs- und Abspaltungsvorgänge in der latenten Oberstimme, wie sie die Takte 4 ff. (Notenbeispiel 6), aber auch die Takte 13 ff. und selbst noch die Takte 55 ff. aufwiesen, nicht mehr vorhanden sind: Takt 61 bis 66 einschließlich sind im Hinblick auf die Figurationsmuster und ihrer metrische Gestaltung gänzlich homogen75

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Mit der minimalen, bereits erwähnten Ausnahme des c2 in Takt 63.
. Die hier etablierte Bereicherung der Harmonik kann als homöostatischer Ausgleich angesehen werden.

Der bereits in der Exposition zu beobachtende Wucherungsvorgang setzt sich fort: der an die Quintfallsequenz sich anschließende Takt mit der nach oben behalsten Achtelstimme unterliegt einem solchen Prozeß: Der Ces-Dur- bzw. H-


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