Hierzu sind zwei Punkte anzumerken. Erstens: Sequenzierungen waren bisher
solche mit Quintfällen im Baß (die auf eine sekundweise Abwärtssequenzierung
der Taktpaare hinausliefen). Nun erfolgt erstmals im Zusammenhang mit
dem Thema eine Sequenz, die zum einen aufwärts erfolgt und keine
Quintfallsequenz72
Zweiter Punkt: nicht nur ist die Sequenzierung am »falschen Ort« – d. h. angewendet bereits auf den ersten Doppeltakt, statt erst danach mit einem eigenen Sequenzmodell zu beginnen –, das Sequenzmodell hat auch die doppelte Länge der nachfolgenden Sequenzmodelle. Da zudem die harmonische Funktion des Modellendes eine Höhersequenzierung der Funktion des Modellanfangs darstellt, erhält man am Ende der Sequenz einen Sextakkord der III. Stufe: einen Des-Dur-Akkord, also die Paralleltonart. Mithin werden also beim zweiten Auftreten des Themas in der Reprise beide für die Großform relevanten Tonarten nahezu unmittelbar, einzig durch einen Neapolitaner vermittelt, nebeneinander gestellt. Dieselbe direkte Gegenüberstellung der Tonarten B-Moll und Des-Dur erfolgt denn auch in der »Reprise« des »Seitensatzes« (Più Adagio, Takt 72 ff.) unmittelbar und mehrfach, wenn auch zunächst als B-Dur/Des-Dur-Opposition, um schließlich ab Takt 80, 3. Zählzeit in B-Moll zu enden. An den geänderten und erweiterten Themenkopf schließt sich eine weitere Sequenz an, diesmal – wie zu erwarten – eine reale quintfällige. Die bereits angedeutete zu erwartende Potenzierung des Dominantisierungsprozesses löst Brahms in folgender Weise ein (siehe Notenbeispiel 9 auf der gegenüberliegenden Seite): |