Die Änderungen, die das Thema bei seiner unmittelbaren Wiederholung erfährt, sind nicht unerheblich. Der gravierendste Unterschied besteht darin, daß zwar nach der ersten Phrase und ihrer variierten Wiederholung wiederum eine Quintfallsequenz einsetzt, diese aber nunmehr – ähnlich dem Chopin-Beispiel – eine reale ist. Bei näherer Betrachtung fällt auf, daß – und darin liegt ein Unterschied zu der Chopin-Etüde – zwar reine Quinten (resp. Quarten) den Baß bilden, diese Baßtöne aber durchweg im Rahmen der B-Moll-Tonleiter liegen. Dies ist eine Eigenschaft, die reale Quintfallsequenzen nur unter bestimmen Bedingungen aufweisen. Startet man beispielsweise in Dur eine solche Sequenz mit der Tonika, so ist schon der übernächste Akkord nicht mehr leitereigen: man erhält die Doppelsubdominante statt eines Dreiklangs auf der VII. leitereigenen Stufe. In äolischen Moll ist das erst mit nach dem vierten Quintschritt der Fall. Brahms erhöht sogar noch die Anzahl der leitereigenen fallenden reinen Quintschritte in der realen Sequenz, indem er sie nicht mit der Tonika, sondern mit der Doppeldominante beginnen läßt: in Takt 11 erscheint nicht der B-Moll-Septakkord, sondern der C-Dur-Septakkord. Eine direkte Gegenüberstellung der betreffenden Takte macht die Unterschiede deutlich (siehe Notenbeispiel 7 auf der folgenden Seite). Brahms läßt den regulär gebauten Teil dieser zweiten Sequenz bereits auf dem Baßton des enden, obwohl der nächste Quintfall – der zum ges – ebenfalls noch leitereigen wäre (erst der übernächste, ein ces wäre dies nicht mehr). Da der Komponist die Sequenz gewissermaßen nach »vorn« erweitert hat, kommen zwar in beiden Typen die Baßschritte Es-1As vor, aber sie sind in den beiden Themenformen gegeneinander um einen Takt verschoben. |
