des Wohltemperierten
Klaviers: im Baß die Stelle um den berühmten 23., sog. »Schwenckeschen« Takt,
in der Oberstimme Takt 27–29 (parallel dazu im Tenor) und im Alt 2 Takt
30–33.
2. Quintfallsequenzenfall: Das Intermezzo op. 117, Nr. 2 von Brahms
Daß Chopins Etüde nicht das einzige Werk ist, in dem in – man möchte fast sagen – didaktischer
Weise tonale und reale Quintfallsequenzen unmittelbar miteinander kombiniert werden, war wohl
zu erwarten52
Das bereits in Anm. 12 erwähnte Klavierkonzert in C-Dur von Mozart (KV 467) kennt neben
den dort genannten tonalen Quintfallsequenzen der Spielfigurenabschnitte in der Exposition
(und Reprise) des ersten Satzes auch in dessen Durchführung ausgedehnte Sequenzpassagen:
Mit Takt 238 beginnt eine reale Quintfallsequenz, die mit einem Verkürzungsvorgang bei
Takt 251/252 ab Takt 253 unmittelbar in eine tonale Sequenz mündet. Allerdings ließe sich
darüber streiten, ob bei einem viertaktigen Modell wie zu Beginn des realen Sequenz nicht
die Grenze dessen, was man sinnvoll als Sequenz bezeichnen kann, erreicht ist oder ob man
hier eher von einem Modulationsplan sprechen sollte, der auf Quinttranspositionen beruht.
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.
Einen besonders eindrücklichen Fall stellt das Brahmssche, in B-Moll endende
Intermezzo op. 117, Nr. 2 dar. (Daß hier eine Formulierung gewählt wurde, die an
den sog. »bifocale close« erinnert, hat seinen Grund darin, daß die in dem
Stück vorkommende Sequenz nebst ihrem Startklang durchaus zwei verschiedene
tonale Bezugspunkte bzw. Tonartendeutungen zuläßt.) Eine Analyse von Elmar
Budde
53
Johannes Brahms’ Intermezzo op. 117, Nr. 2, in: Analysen. Beiträge zu einer
Problemgeschichte des Komponierens. Festschrift für Hans Heinrich Eggebrecht zum 65.
Geburtstag, hg. von Werner Breig, Reinhold Brinkmann u. Elmar Budde, Wiesbaden: Franz
Steiner 1984 (= Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft; Bd. 23), S. 324–337.
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hebt hervor, daß über die Tatsache hinaus, daß alle tonalen Quintfallsequenzen
in je zwei Tonarten (wobei die eine die Paralleltonart der jeweils andern
ist
54
So kann entsprechend Diether de la Motte in seiner Harmonielehre die Quintfallsequenz in
Dur und dem parallelen äolischen Moll mit einem einzigen Notenbeispiel darstellen (a. a. O.
[s. Anm. 5], S. 113).
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)
gedeutet werden können, in diesem Stück von Brahms die harmonische
Vieldeutigkeit geradezu ein Konstruktionsprinzip ist, auch wenn diese
Auffassung harmonischer Mehrdeutigkeiten nicht von allen Autoren geteilt
wird
55
So etwa Erhard Karkoschka in seiner Rezension der Eggebrecht-Festschrift »Abendländisches«
Komponieren, in: Musica, 41. Jg. (1987), H. 1 (Jan./Feb.), S. 57–63, hier S. 57–59.
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.
Es soll auch nicht für die eine oder andere Auffassung Partei ergriffen werden, sondern
lediglich auf einige zusätzliche Aspekte hingewiesen werden: die Buddesche Analyse
bleibt vorausgesetzt. Der Aspekt, den es hier zu unterstreichen gilt, ist der
kompositorische Sachverhalt, daß das Thema, das in wichtigen Teilen aus einer
Quintfallsequenz besteht, im Verlauf seines insgesamt viermaligen Vorkommens sich
immer weiter von der einfachsten Gestalt in kompliziertere Erscheinungsformen
wandelt.
Wird in einer tonalen Quintfallsequenz die Fortschreitung so oft angewendet, daß der
Ausgangsakkord – zumeist die Tonika – wieder erreicht wird, so ergibt sich
damit eine metrische Irregularität: nach 7 Quintschritten ist man am Ziel,