- 274 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Übereinstimmung unmittelbar einleuchtend.) Das Notenbeispiel verdeutlicht die Komprimierung.



Notenbeispiel 4


Chopin verzichtet in der Reprise auf den Wiedereintritt der Tonika bei der Wiederholung der Anfangskadenz und macht statt dessen die zuvor erklingende Dominante (Takt 61/62) zum Ausgangspunkt der Fortsetzung nach E-Dur. Diese Fortsetzung weist nun als inneres harmonisches Konstruktionsprinzip nicht mehr eine Sequenzierung auf, vielmehr tritt eine chromatische Führung der Baßstimme von A nach E an diese Stelle. Der letzte Halbtonschritt vom F zum E ist wie schon im A-Teil harmonisiert: Das F ist zunächst Grundton eines Septakkordes (große Septe in Takt 21, kleine in Takt 64, 1. Hälfte), sodann tiefalterierte Quinte der Dominante zu E-Dur (Takt 22 bzw. Takt 64, 2. Hälfte); zwischen dem G und den F vermittelt ein Fis, das die Terz eines D-Dur-Dominantseptakkordes ist, dessen Beziehung zum Folgetakt auf der Modulationstechnik der chromatischen Rückung (eines Dominantseptakkordes in einen anderen Dominantseptakkord51

51
Bei Doris Geller beschrieben als eine von mehreren Arten der chromatischen Modulation (a. a. O. [s. Anm. 7], S. 52).
) beruht; klar, daß der Ganztonschritt des A-Teiles von A nach G durch ein As interpoliert wird (die in der Erstfassung sich ergeben habende, vernehmbare Quinte A - e nach As-es in Takt 60 vom 3. zum 4. Viertel wird gemildert durch ein Vorziehen des e-es-Schrittes um ein Viertel nach vorn [mit eigenartiger Pedalisierung]; die Quinte As-es nach G - d ist nicht störend, da die Umkehrung der Bewegungsrichtung der Spielfigur an dieser Stelle den gleichzeitigen Anschlag des Intervalls umgeht).

Zweite Bemerkung: Takt 71 bis zum Schluß der Etüde hat einen Coda-Charakter, der jenem der entsprechenden Stelle im Bach-Präludium vergleichbar ist (Änderung der Faktur, Orgelpunkte auf Quint- und Grundton). Die Spitzentonmelodie des Soprans durchschreitet chromatisch halbtaktig in zwei gleichartige Teilzüge gegliedert den Quintraum (g3-fis3-fis2 -f 2 -f 1 -e1 und e3-es3-es2 -d2 -d1-des1 und schließend des-c-h-c). Der chromatische Zug kann in Zusammenhang gesehen werden mit jenem im Sopran von Takt 25 ff. (zweite, reale Quintfallsequenz im A-Teil) bzw. der zuvor beschriebenen Chromatisierung des Abschnittes im A’-Teil – Chromatisierung kennt aber auch die Schlußkadenz des Eröffnungsstückes


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