bestimmt
43
Insgesamt scheinen, wie die vorigen Ausführungen zu Takt 4 und 5 zeigen, sich »falsche«
Quinten stärker bemerkbar zu machen als die Oktaven.
|
.
Mit dieser Fortführung des Basses vom
B ins
A statt ins
Es wären es aber zusammen
mit dem
Ces drei Töne, die in einer anderen Stimme Oktavverdoppelungen erhielten.
Mithin wäre die Voraussetzung für ihre Deutung als erlaubte Stimmkoppelung im
Unterschied zu verbotenen Parallelen, die ja nur isoliert zwischen zwei benachbarten
Akkorden bestehen, gegeben.
Ein letztes Detail im Zusammenhang mit der Oktavparallele von Takt 32 nach
Takt 33: In Takt 33 ist die Baßstimme ohne die sonst fast durchgängige
Unter- bzw. Oberoktave. Dieser Umstand ließe sich durchaus im Sinne der
Parallelenvermeidung diskutieren, da das mögliche spieltechnische Argument des
Zusammenfallens von Tönen der rechten und linken Hand mit ihrer raschen
Tonrepetition ja nicht greift: schon mit dem nächsten neuen Baßton wird derartiges
verlangt44
Die fehlenden Oktavierungen in Takt 37, 39 usw. wären ihrerseits anders zu begründen;
ebenso diejenigen der Urfassung Takt 42 ff. (zur Urfassung s. Anm. 36).
|
.
Die in der Ableitung gezeigten, eher unspektakulären Abweichungen der tatsächlich
geschriebenen von einer fiktiven regulären Form sind aber durchaus von
musikalischem wie pianistischem Interesse. Chopin erreicht mit ihnen zum einen die
bereits erwähnte Verkomplizierung der Metrik in Bezug auf die harmonischen
Spannungen45
Im Notenbeispiel 3 deuten die Pfeile innerhalb der Akkoladen die Bewegungsrichtung der
Figuration an (die ja zugleich auch die Richtung ihrer Oktavversetzungen ist). Pfeile zwischen
den Systemen zeigen, wo Chopin gegenüber der regulären Sequenz zeitliche Verdoppelungen
vorgenommen hat.
|
.
Musikalisch bedeutsam ist aber auch die aus der Unregelmäßigkeit resultierende Führung
der Außenstimmen: die auffällige, quasi kontrapunktische Dehnung des bezogen auf den
Zielton
Cis Pänultima-Klanges
Es. Ferner die Vorbereitung des schließenden
Halbtonschrittes
B -A im Baß durch das vorangehende
Ces-
B im Zusammenhang mit
der Oberstimme
es-
d-
cis, deren erster Ton jedoch schon eintritt, während im Baß noch
der Schritt
Ges-
F erfolgt. Und schließlich – drittens – die pianistische Singularität dieser
Stelle: im Unterschied nahezu zu allen übrigen Figurationen ist in Takt 30–32 die
Oktavspannung in der rechten Hand zwischen dem zweiten und fünften Finger statt wie
zumeist zwischen Daumen und dem viertem, was eine erheblich Steigerung der
spieltechnischen Probleme der ohnehin nicht einfachen Klavieretüde mit sich
bringt
46
Auch Takt 47/48 weist diese Intervallkonstellation auf.
|
. Ist
es ein Kennzeichen des zentralen spieltechnischen Problems dieses Stückes, daß die Arpeggien
der rechten Hand den Oktavrahmen überschreiten, so wird diese durch eine geeignete
Spielweise
47
Gemeint ist insbesondere die Einbeziehung der seitlichen Bewegungen des Handgelenks, wie
sie – vermittelt durch die Erfahrungen des Chopin-Schülers Karol Mikuli – vor allem Raoul
von Koczalski beschrieb: »Er [Chopin] konnte mit seinen verhältnismäßig kleinen Händen
weitgriffige Akkorde spannen, [. . . ] denn das Handgelenk, nicht der Arm befand sich in steter
Bewegung« (Frédéric Chopin. 1809 : 1909, Leipzig: P. Pabst 3. Aufl. 1922, S. 24). Um sogleich
hinzuzufügen: »Diese Methode kann man, der richtigen Handstellung wegen, sowie wegen der
damit verknüpften eigenartigen Übungen nur durch Vorführung am Klavier erläutern.« (A.
a. O., S. 25.)
|
auch für kleinere