dar, das
jeweils um eine Sekunde abwärts sequenziert wird. Dieser Typus von Sequenz
determiniert zwar einerseits den durch sie gestalteten musikalischen Verlauf
erheblich, besitzt aber andererseits dennoch genügend Freiheitsgrade, um nicht
in jedem Fall der Gefahr des »bloß Mechanischen« bzw. der Monotonie zu
erliegen 11
Es ist auffällig, daß der Vorwurf des Mechanischen in Lexika unter dem Stichwort »Sequenz«
mit der gleichen Regelmäßigkeit vorkommt wie unter dem Stichwort »Kontrapunkt«
dessen etymologische Erklärung. Ernst Kurth schränkt diese »Gefahr der Öde« auf
das Schlecht-Pädagogische ein (Grundlagen des linearen Kontrapunkts. Bachs melodische
Polyphonie, Bern: Max Drechsel 1917, 2. Aufl. Berlin 1923, 5. Aufl. Bern: Krompholz 1956,
Nachdruck der 5. Aufl.: Hildesheim u. New York: Olms 1977, S. 231, Anm. 1), bei Bach
dagegen konstatiert er, daß die »Technik der Sequenz [. . . ] äußerste Subtilitäten [birgt].« (A.
a. O., Haupttext.)
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so können in den harmonischen Sequenzmodellen Drei-, Vier- oder gar
Fünfklänge 12
So etwa Mozart im ersten Satz seines C-Dur-Klavierkonzertes KV 467, Takt 148 ff. August
Halm führt sogar zur Abschreckung ein (theoretisches) Modell mit Undezimenakkorden an
(a. a. O. [s. Anm. 5], S. 71 mit Notenbeispiel 42 auf Anhang-S. XIII).
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vorkommen, auch Folgen, die zwischen diesen verschiedenen Arten von Mehrklängen
regelhaft abwechseln, sind üblich; ferner können die Akkorde in Grundstellung
oder – je nach intendierter Führung der Baßlinie – in Umkehrungsformen
auftreten 13
Bei stufenweiser Baßführung ergibt sich eine gewisse Abhängigkeit der Umkehrungsformen
von einander.
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(auch
gemischt mit solchen in Grundstellung); ein weites – insbesondere für die Chromatisierungstendenzen
der Romantik bedeutsames – Feld eröffnet die Möglichkeit der Alteration einzelner
Akkorde 14
Vgl. dazu etwa Richard Bass, From Gretchen to Tristan: The Changing Role of Harmonic
Sequences in the Nineteenth Century, in: 19th-Century Music, 19. Jg. (1995/96), Nr. 3
(Spring 1996), S. 263–285, aber auch Dieter Torkewitz, Modell, Wiederholung – Sequenz.
Über Liszts Technik der Intensivierung, mit einer Anmerkung zu Wagner, in: Franz Liszt
und Richard Wagner. Musikalische und geistesgeschichtliche Grundlagen der neudeutschen
Schule. Referate des 3. Europäischen Liszt-Symposions Eisenstadt 1983, hg. von Serge Gut,
München u. Salzburg: Katzbichler 1986 (= Liszt-Studien; Bd. 3), S. 177–188.
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ferner können schon in der bloßen Akkordfolge, da die Nebenstufen auch für Vierklänge
eine gewisse Selbständigkeit besitzen, auch weitere sog. harmonisch sekundäre
Erscheinungen – insbesondere Vorhalte und Durchgänge oder ähnliches – integriert
werden; schließlich kann die Stelle des Ein- und Ausstieges in eine Quintfallsequenz
frei gewählt werden (es muß nicht stets mit der I. bzw. IV. Stufe begonnen
und mit der Verbindung von V. Stufe mit der I. Stufe abgeschlossen werden).
Dies alles sind Freiheiten der Gestaltung noch vor aller Einbettung in einen
konkreten motivischen oder figurativen Kontext, der seinerseits im Hinblick auf
periodisch sich wiederholende Eigenschaften der Faktur in einen Gegensatz zur
Periodik, aber auch zur Metrik der Akkordgrundlage selbst treten kann. Ein das
Studium lohnendes Beispiel ist hierfür der langsame Satz von Bachs Italienischem
Konzert.
Von fast sämtlichen der genannten Gestaltungsdimensionen macht Chopin
in seiner C-Dur-Etüde tatsächlich Gebrauch. Diese ist bekanntlich am
C-Dur-Präludium aus dem ersten Band des Bachschen Wohltemperierten Klaviers
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