- 212 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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und auf den Spieleinsatz zu warten, ohne vorher zu spielen, sich gegenseitig zuzuhören und aufeinander zu reagieren.

Dies sind Dinge, die sowohl für jeden praktischen Umgang mit Musik als auch für den Alltag im Umgang mit anderen Menschen eine wichtige Rolle spielen. Vielleicht spüren dies die Schüler/-innen und können dadurch die Probenarbeit ernster nehmen, als sie manchmal zugeben.

Am ersten Nachmittag sind die Jugendlichen von all dem Neuen ziemlich erschöpft. Es kommen Äußerungen wie »langweilig« (I., ÄWPB), »Zeitverschwendung« (Sa., Kunst) und »das tut in den Ohren weh.« (Wo., ÄWPB). Und trotzdem machen auch diese Jugendlichen die ganze Zeit relativ aufmerksam mit. Das, was sie sagen, entspricht nicht unbedingt dem, was sie tun.

Zweiter Tag:

Am zweiten Vormittag wird die große Gruppe in zwei kleinere geteilt. Es wird das lautlose Aufheben der »Instrumente« geübt sowie das stille Warten bis zum Spieleinsatz. Dies erfordert bereits eine große Konzentration. Darüber hinaus wird am musikalischen Ausdruck gearbeitet, z. B. wie zwei oder drei Jugendliche in Kommunikation treten können beim Scratchen der Luftballons oder wie sich der Klang z. B. der rührenden Schneebesen gestalten lässt. Als es ans Zusammenspiel geht, ist plötzlich eine sehr große Spannung und Aufmerksamkeit für die entstehenden Klänge vorhanden. In den halben Gruppen üben die Schüler/-innen mit großem Ernst ihre Einsätze, wobei sie auch die Möglichkeiten der Klanggestaltung (Dynamik, Tempo, Dichte) beachten. »In diesem Moment konnte man hören, wie die Schüler lernen, wie sie die Klänge begreifen und aufeinander reagieren.« (Kfn. in der Feedbackrunde).

Nachmittags ist diese Spannung weg. Die jungen Leute reagieren auf die weitere Vertiefung mit Müdigkeit, genervtem Gucken, Maiskörner schmeißen etc. Teilweise sind die Schüler/-innen entmutigt, was sie in Sätzen wie »Das Rühren mit dem Schneebesen in einem Topf muss man doch nicht wirklich üben. Das kann man doch so.« zum Ausdruck bringen.

Solche Phasen gibt es beim Einüben eines Popstückes auch immer wieder, nur dass beim Projekt »Neue Musik« das Unbehagen deutlicher wird. Es ist leichter einzusehen, eine Akkordfolge oder eine Klaviermelodie zu üben als das Rühren in einem Topf. Es besteht ein Widerspruch zwischen dem Üben der immer wieder neuen Anforderungen wie Stille, Konzentration, Reaktion, Zuhören und den gleichbleibenden Mitteln, was für die jungen Leute gleichbedeutend ist mit Stillstand. Sie meinen, die Aufgabe bereits zu können und reagieren ungeduldig.


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