- 207 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Das Konzept

Folgendes Konzept hat Karlheinz Essl für den Workshop vorbereitet:

Die Schüler/-innen sollen verschiedene Klangtypologien (Flaschen-Anblasen, Zeitungsrascheln, Luftballon-Quietschen etc.) erarbeiten. Im Raum sollen sechs Klanggruppen zu jeweils vier Schüler/-innen verteilt werden, wobei jede Gruppe das gleiche Repertoire von sechs Klangtypen (im Sinne von Helmut Lachenmann23

23
Helmut Lachenmann, Klangtypen der neuen Musik, in: Zeitschrift für Musiktheorie, 1. Jg. (1970), H. 1, S. 20–30.
) beherrscht. Bei der Aufführung sollen die Gruppen über ein zufallsgesteuertes Computerprogramm dirigiert werden, das die Gruppen »ein- und ausschaltet«. Jede einzelne Gruppe hat einen/eine Spielleiter/-in, der bzw. die in den Pausen mit Hilfe eines Würfels den Klangtyp bestimmt, der beim nächsten zufallsgesteuerten Einsatz gespielt wird. Dies kommt einem doppelten Zufall gleich. Dadurch ist jede Realisierung des Stückes einzigartig und nicht wiederholbar, was eine permanente Konzentration von Seiten der Spieler/-innen erfordert, die der Aufführung einen »rituellen und ernsthaften Charakter« verleihen soll.

Das Zeichen zum Einsatz soll über Licht erfolgen. Auf jede Gruppe ist ein Scheinwerfer gerichtet. Wenn dieser eingeschaltet wird, wird die Gruppe beleuchtet, damit sichtbar und durch den Spieleinsatz auch hörbar. Sobald der Scheinwerfer erlischt, soll auch die Gruppe nicht mehr zu hören sein.

Die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Einsätzen soll mindestens 30 Sekunden betragen, die Dauer eines Spieleinsatzes maximal 120 Sekunden.

Es soll sich immer nur ein Zustand zu einer Zeit verändern, während die anderen fünf gleich bleiben. Dadurch ergeben sich fließende Übergänge. Der Computer dirigiert per Zufallssteuerung ein räumliches Klangereignis, bei dem alles möglich ist bis hin zu den beiden Extremen, dass alle Gruppen gleichzeitig klingen oder keine.

Der Komposition liegt die Idee zugrunde, die Funktionsweise eines Computerprogramms nachzuempfinden, mit dem Essl arbeitet und deren Programmiersprache MAX/MSP heißt.

Auf die Komposition übertragen, kann man sich das folgendermaßen vorstellen: Die einzelnen Gruppen funktionieren wie Unterprogramme eines Computerprogramms. Sie werden von einer übergeordneten Kontrollstruktur, dem zufallsabhängigen »Dirigenten«, gesteuert. Dieser »Dirigent« gibt jedoch nur die Kombination der Unterprogramme vor. Die Unterprogramme selbst verfügen über einen eigenen »Sub-Dirigenten«, der autonom entscheiden kann, welcher Klangtypus gespielt werden soll. Durch das Zusammenspiel dieser verschiedenen Ordnungs- und Chaosmechanismen entsteht ein lebendiges Stück, dessen Verlauf


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